Ein Museum für das Ägerital?
Brauchtum & Geschichte
In der Überbauung Euw hat die Bürgergemeinde Unterägeri einen potenziell geeigneten Ausstellungsort gefunden.
Unterägeri – Unheimlich. Die Holzkonstruktion mit zwei Schraubstöcken erinnert an ein Folterinstrument. Ein kleines Etikett verrät, dass es sich um ein Sammlungsstück handelt. Zusammen mit Hunderten anderen Objekten wird es im Schutzraum des Altersheimes Chlösterli aufbewahrt. Tatsächlich ist es jedoch harmlos, wie ein Blick in den Katalog zeigt: Die Presse wurde einst zur Herstellung von Landjägern verwendet. Mitten im Unterägerer Zentrum, in der roten Metzgerei Iten-Bucher.
Bevölkerung soll Hinweise zu den Stücken liefern
Gegen 5000 Objekte befänden sich in verschiedenen Depots der Bürgergemeinde Unterägeri, sagt Stephanie Müller. Die Historikerin führt durch das Schaudepot der «Ortskundlichen Sammlung». Aktuell ist die Sammlung der Öffentlichkeit nur auf Anfrage zugänglich. Das soll sich bald ändern: «Nach langem Suchen haben wir in der Überbauung Euw endlich einen passenden Ausstellungsort gefunden», sagt Priska Meisinger von der Ortskundlichen Fachgruppe der Bürgergemeinde. Das fünfköpfige Team kümmert sich zusammen mit freiwilligen Helfern um die gesammelten Objekte.
Mit Hinblick auf die Eröffnung des Talmuseums verfolgt die Fachgruppe das Ziel, sich zu professionalisieren. Unterstützt wird sie dabei von der Historikerin Stephanie Müller. Erste Priorität: eine vollständige Inventarisierung. «Mittlerweile haben wir rund 2200 Objekte in der Datenbank erfasst», sagt die 29-Jährige. Fotos der Objekte sind seit zwei Wochen online einsehbar.
«Wir hoffen, dass uns die Ägerinnen und Ägerer Hinweise auf die Geschichte der Objekte geben können», sagt Müller. Zwar besteht die Sammlung seit 1978, da sich bisher jedoch vor allem Laien um sie kümmerten, fehlen nicht nur ein komplettes Inventar, sondern auch elementare Angaben zu den zukünftigen Ausstellungsstücken.
Die Sammlung weist Lücken auf
Das Lieblingsstück von Stephanie Müller: ein Leichenschlitten aus Oberägeri. Für Meisinger ist es ein gut erhaltener Webstuhl. Die Historikerin erklärt: Objekte aus Hauswirtschaft, Handwerk, Landwirtschaft und Kirche seien breit vertreten. Das sei in fast jeder Ortssammlung so. «Das grosse Sammeln begann mit der Französischen Revolution, das Louvre war die Geburtsstunde des modernen Museums.»
Ab dem 19. Jahrhundert diente Sammeln dazu, die eigene Identität zu schaffen und die alten Zeiten angesichts der raschen Industrialisierung in gewisser Weise festzuhalten. Dabei werde das Vergangene – bis heute – oft romantisiert. «So, wie wir sammeln, sehen wir die Vergangenheit», sagt die Historikerin Müller.
Mittels des von ihr verfassten neuen Konzeptes sollen Lücken in der aktuellen Sammlung geschlossen werden. «Das für das Ägerital wichtige Kurwesen, die Nachkriegszeit oder Themen wie Ein- und Auswanderung fehlen fast gänzlich.» Das gleiche gelte für Spannungen und Brüche in der Talgeschichte.
Auf der Suche nach Geldgebern
Im Vergleich zu anderen Zuger Gemeinden ist die Geschichte von Unter- und Oberägeri übrigens gut erforscht, etwa dank des ehemaligen Staatsarchivars Renato Morosoli, der über das Ägerital ein zweiteiliges Werk schrieb. Aktuell steht die Suche nach Geldgebern für den Betrieb des geplanten Talmuseums an. Die Vision: ein Kompetenzzentrum der Geschichte des Ägeritals. «Wir haben nicht die klassische Wissensvermittlung im Fokus, sondern streben einen interaktiven und partizipativen Ansatz an», sagt Müller. Fragen wie «Wie leben wir?» oder «Wie arbeiten wir?» sollen auch in Bezug auf die Gegenwart und Zukunft diskutiert werden.
Priska Meisinger hofft, den Bogen über verschiedene Generationen hinweg schlagen zu können – sei es beim Gespräch oder beim Aufnehmen neuer Objekte. Ob die alte Landjägerpresse ab 2026 im neuen Talmuseum ausgestellt wird, ist noch offen. (Text von Fabian Gubser)
Hinweis Die Onlinesammlung finden Sie unter www.bg-unteraegeri.ch/kulturelles/sammlung-online.