Vom Leben einer Schauspielerin

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Die Zugerin Leslie Kunz war 18 Jahre alt, als sie mit einem One-Way-Ticket nach L. A. flog. Nun lebt sie in London und spielt immer wieder in Filmproduktionen mit. Reich ist sie dadurch aber noch nicht geworden.

  • Schauspielerin Leslie Kunz ist mehrfache Schweizer Meisterin in der chinesischen Kampfkunst Wushu. (Bild Maria Schmid)
    Schauspielerin Leslie Kunz ist mehrfache Schweizer Meisterin in der chinesischen Kampfkunst Wushu. (Bild Maria Schmid)

Zug – Eine Kriegerprinzessin – als solche bezeichnet sich Leslie Kunz, die im neuen Aladdin-Film eine Tanzrolle übernimmt. Das passt auch zum Äusseren der halb Kamerunerin, halb Schweizerin. Sie ist gross gewachsen, hat eine wilde schwarze Mähne und einen durchdringenden Blick. «Als ich als Kind die asiatischen Kampffilme im Fernsehen sah, dachte ich, das passt zu mir, so will ich auch einmal werden», erinnert sich die heute 31-Jährige an die Anfänge ihrer Karriere.

Einfach war ihre Kindheit nicht. Viele Jahre verbrachte sie getrennt von ihrer Mutter, die damals in Zug lebte, in einem Kinderheim in Luzern. Leslie Kunz kämpfte aber hartnäckig für ihr Ziel, lernte die chinesische Kampfkunst Wushu und wurde mehrfach Schweizer Meisterin und gewann sogar eine Bronzemedaille bei der Europameisterschaft. «Doch ich habe auch eine künstlerische Ader, ich wollte nicht nur Kampfsport machen, sondern Schauspielerin werden, und zwar am liebsten in Hollywood», erinnert sie sich.

Mit Gottvertrauen in die USA

Leslie Kunz hat eine Eigenschaft, die vielen Menschen fehlt, sie selbst führt es auf ihren Glauben zurück und nennt es Gottvertrauen. Aber vereinfacht könnte man sagen, statt sich Gedanken über Konsequenzen oder gar ein Scheitern zu machen, geht sie Herausforderungen mutig an. Oft zuckt sie mit den Schultern, während sie Anekdoten aus ihrem Leben erzählt, als könnte sie es selbst nicht fassen, dass trotzdem alles gut ging.

Übers Internet habe sie mit 18 Jahren die erstbeste christliche Gemeinde in Los Angeles angeschrieben. «Ich wusste nicht einmal, was die Siebenten-Tags-Adventisten sind.» Und gefragt, ob sie bei einem Gemeindemitglied eine Zeit lang wohnen könne. Dann flog sie per One-Way-Ticket nach L. A. Es würde viel Platz brauchen, zu beschreiben, was sie danach alles erlebt hat. Es begann damit, dass Leslie Kunz erst nicht in die USA einreisen durfte, bis sie ein Rückflugticket gekauft hatte, dann aber alles gut ging. Sie bestand die Aufnahmeprüfung einer Schauspielschule, hatte aber kein Geld fürs Studium und musste in die Schweiz zurückkehren. Hier besuchte sie dann die Fachmittelschule mit der Richtung Jazz-Gesang und kehrte mit einem Stipendium erneut in die USA zurück, wo sie endlich ihre Ausbildung als Schauspielerin begann.

«Es gibt diesen Spruch: Die Leute kommen im Bus an, steigen aus und denken, sie könnten ein Hollywoodstar werden. Es ist aber viel schwieriger», sagt Kunz. Trotz der grossen Konkurrenz in der Stadt erhielt sie durch Kontakte innerhalb der Kirchengemeinde dann 2012 aber im Kurzfilm «Lost Angels» ihre erste Hauptrolle. Sie spielt eine Frau, die durch eine Reihe von Begegnungen mit Menschen, die es schwer im Leben haben, geprüft wird. «Lost Angels» wurde an mehreren Kurzfilmfestivals aufgeführt und gewann auch einen Preis. Seitdem ist Leslie Kunz der Schauspielerei treu geblieben. «Um zu allen Castings Zugang zu bekommen, ist es am besten, eine Agentur zu haben, die einen dabei unterstützt», erzählt sie. Sie fand diese in London, wo sie inzwischen wohnt. Was aber längst nicht heisse, dass sie ständig Aufträge habe. «Die meisten Aufträge sind nicht gross, das sind Werbe- oder Kurzfilme oder kleine Rollen in einem Musical beispielsweise.» Manchmal habe sie aber auch wochen- oder monatelang keinen Auftrag.

Zwischen den Castings ins Callcenter

Als einen ihrer grössten Erfolge bislang bezeichnet die Zugerin ihren Kurzauftritt in einer Episode der bekannten US-amerikanische Science-Fiction-Actionserie «Into the Badlands». «Leider nicht in einer Kampfszene, obwohl ich mich auch dafür beworben habe.» Rund 2000 bis 3000 Franken könne man bei solch einer Serie je nachdem pro Drehtag verdienen, müsse dann aber mit solchen Einnahmen auch die Wochen ohne Auftrag finanzieren. Eine Hauptrolle bekam Kunz dann letztens im ser­bischen Mysterythriller «The Pond». «Dazu kam es, weil sie den Film auf Englisch drehen wollten und in England die passenden Schauspieler suchten.» Die drei Wochen Dreharbeiten in Serbien seien eine sehr spannende Erfahrung gewesen. Nach Fertigstellung soll der Film auf ersten Festivals gezeigt werden.

Ganz von der Schauspielerei lebt Kunz aber erst seit zwei Jahren. «Zuvor habe ich nebenbei in London in einem Callcenter gearbeitet.» Alle im Callcenter seien irgendwie im künstlerischen Bereich tätig gewesen. «Da man bei den Arbeitszeiten flexibel ist und spontan an Castings teilnehmen kann.» Dann sei es ihr aber zu viel geworden. «Und ich entschied, ganz auf die Schauspielerei zu setzen.» Das heisse aber auch, monatelang auf einer Bühne im Disneyland Paris zu stehen. «Ich habe da letztes Jahr bei einer Superhelden-Show mitgewirkt. Da war jeden Tag Action. Als ich wieder nach Hause kam, war ich todmüde.»

Gerade ist Leslie Kunz für eine Woche in der Schweiz, besucht alte Freunde und ihre Mutter, die inzwischen in Oberägeri wohnt. Für die Zukunft hofft sie, auch in deutschsprachigen Produktionen mitwirken zu können. «Und mehr eine Kriegerprinzessin sein zu können, also in Kampffilmen mitzuspielen.» Ganz, wie sie es sich als Kind erträumt hat. (Christopher Gilb)

Hinweis
Auf ihrem Youtube-Kanal «Leslie Kunz» zeigt sie ihre vielen Talente.