Das doppelte Dirigieren

Theater & Tanz, Musik

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Kinder-, Jugend- und Erwachsenenchöre der Musikschule Zug wetteiferten im Musical «Les Choristes». Die ergreifende Geschichte spiegelte dabei auch das Anliegen der Musikschule.

  • Mitglieder der Chöre der Zuger Singschule und der Fachschaft Gesang präsentieren das Musical «Les Choristes». (Bilder Matthias Jurt)
    Mitglieder der Chöre der Zuger Singschule und der Fachschaft Gesang präsentieren das Musical «Les Choristes». (Bilder Matthias Jurt)

Zug – Der französisch-schweizerische Musicalfilm ging 2004 um die Welt, verzeichnete hohe Zuschauerzahlen und spielte das Fünfzehnfache seiner Low-Budget-Produktionskosten wieder ein: «Les Choristes» erzählte eine Begebenheit, die einem grossen Publikum naheging.

Und offenbar war sie von einer wahren Begebenheit inspiriert, denn die Jahreszahlen sind genau: 1949 betritt der erfolglose Musiker Clément Mathieu das Internat für schwererziehbare Kinder «Fond de l’Étang», um als Aufseher zu arbeiten. Die dort üblichen strengen Methoden können die Kinder kaum im Zaum halten. Zufällig entdeckt Mathieu, dass sie auf Musik ansprechen, macht sie mit der Magie des Gesangs vertraut und verändert dadurch ihr Leben. Und seines – was er in einem Tagebuch festhält.

Jahre später treffen sich die ehemaligen Schüler Pépinot und Morhange wieder, lesen in Mathieus Aufzeichnungen und erinnern sich an «damals». Die Story wird also von ihrem Ende her aufgewickelt. Auch in der Musikschule-Inszenierung auf der Bühne des Theater Casinos war das so. Im runden hellen Lichtkegel erzählten Crysia Nastase als Morhange und Stefanie Sell als Pépinot die Story aus der Retrospektive.

Bemerkenswerte Schauspielleistungen

Auf der Bühne selbst spielte sich die vergangene Begebenheit chronologisch ab, und die schauspielerischen Leistungen der Protagonisten waren dabei bemerkenswert: Benjamin Scharbert als der sympathische Protagonist Clément Mathieu, Vivienne Weber als seine Opponentin, die im Deuxpièces herumstöckelnde und drakonische Strafen verhängende Direktorin Madame Rachin, die in ihrem stimmgewaltig vorgetragenen Solo das «Böse» ihrer Rolle verständlich zu machen verstand und dafür Szenen­applaus bekam.

Hervorzuheben sind auch die von Natürlichkeit geprägten Darstellungen von Malin Laveglia als Morhanges Mutter und Sephora Nastase als Internatsgönnerin Baronesse Bellebouche. Viele weitere kleinere Rollen wurden von ausgewählten Schülerinnen und Schülern der Musikschule Zug in wechselnder Besetzung verkörpert.

Wie der Film lebte die über zweistündige Aufführung musikalisch vom Chorgesang: Rund 130 Kinder, Jugendliche und Erwachsene der Chöre der Zuger Singschule und der Fachschaft Gesang waren beteiligt. Auf einem mehrstufigen Podest rechts auf der Bühne kommentierten sie das Geschehen in der Mitte mit Liedern aus dem Film und anderer Herkunft, begleitet von einem vierköpfigen Instrumentalensemble (Korrepetitorin Corina Solèr, Flötistin Andrea Huber, Klarinettistin Silvia Riebli, Cellistin Eleonore Willi).

Ein imposanter Applaus als Lohn

Dass Monsieur Mathieu mit seinem Kinderchor an einem Wettbewerb teilnimmt, bot auf der Casino-Bühne die Möglichkeit, auch erwachsene Gesangsschüler und -schülerinnen auftreten zu lassen, die in Petticoats und Hosenträgern eine hinreissende 1950er-Jahre-Stimmung verbreiten konnten.

Gabriela Bürgler, seit 23 Jahren Gesangslehrerin an der Musikschule und im «Choristes»-Projekt verantwortlich für die Projektleitung, sass auf einem kleinen Schemel unterhalb der Rampe und fungierte als Souffleuse. Erhöht hinter ihr war Philipp Schmidlin, der, zusammen mit Isabel Koch-Schmid, das riesige Unterfangen musikalisch zusammenhielt. Besonders schön waren dabei die Augenblicke, wenn sich das Dirigat gleichsam verdoppelte, der Dirigent und Monsieur Mathieu synchron, auf zwei Narrationsebenen, dirigierten.

Der Schlussapplaus mit Trampeln und Pfiffen war gewaltig. Er galt auch dem Kreativteam im Hintergrund: Susanne Sanchez (Regie), Nazareno Haroldo Sanchez (zauberhaft: Bühnenbild, Lichtdesign) und Heinz Bähler (Arrangement). (Text von Dorotea Bitterli)