Vergissmeinnicht wird zum Symbol

Kunst & Baukultur

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Die Ausstellung von Sara Liz Marty, 33, in Baar berührt wegen des persönlichen Hintergrunds der Zuger Künstlerin.

Baar – Es sind Geschichten aus dem Leben, die Sara Liz Marty interessieren und zu künstlerischem Schaffen inspirieren. «Mit anderen Menschen über ihre Geschichten zu sprechen, das ist spannend», sagt die Künstlerin. Denn hinter jedem ihrer Werke stecke eine Geschichte, die berühre.

Die am letzten Samstag eröffnete Ausstellung «Forget Me Not» in der Galerie Billing in Baar zeigt zwei Werkgruppen: Die titelgebende ist autobiografisch entstanden, bei der zweiten «Filling the Void» geht es um die Identitätssuche von Menschen aus der Londoner LGBTQIA+-Community.

Im grossen Galerieraum fallen sofort die neuesten Arbeiten von «Forget Me Not» durch ihre intensive Ausstrahlung auf, die neugierig macht. Im Zentrum steht hier die Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema Demenz.

Doch warum befasst sich eine junge Künstlerin damit? Offen erklärt dies die 33-Jährige mit der Erkrankung ihrer Mutter, bei der im letzten Jahr Demenz diagnostiziert worden sei. Damit seien viele Fragen aufgetaucht, was passiere, wenn die Erinnerungen schwänden, wie wirke sich das auf die Identität aus? «Ich habe mit der Mutter Spaziergänge unternommen und mit ihr über unsere Beziehung gesprochen.»

So sind berührende Aufnahmen als subtile 3-D-Visualisierungen und grosse gestickte Bilder von Mutter und Tochter zu sehen – zugeneigt, wie sie aneinander lehnen, jede der anderen Halt gebend. Oder die Mutter alleine im Garten, fast verschwindend unter den Pflanzen. «Was nah ist, gibt Informationen, was weiter weg ist, verschwindet», so die Zugerin. Die Personen sind oft nur noch schemenhafte, farbige Punkte, sie scheinen in dem dunklen, gepixelten Hintergrund zu verschwinden.

Anspruchsvoller Entstehungsprozess

Sara Liz Marty spricht von einem anspruchsvollen Prozess, wie aus Fotografien und nach Bearbeitungen digitale 3-D-Visualisierungen entstehen. Auch die Sujets mit den blauen Blumen, die der Ausstellung den Titel geben. Sie erinnern die Künstlerin an eine besondere Szene: «Auf dem ersten Spaziergang sagte meine Mutter plötzlich: «Ein Vergissmeinnicht». Von der Mutter nicht vergessen zu werden, das war nur einer der vielen Gedanken, welche Sara Liz Marty seither umtreiben und die Arbeiten beeinflusst haben. Doch sobald sie über ihr Schaffen spricht, wird ihr Engagement spürbar. Besonders eindrücklich sind auch ihre grossen Stickereien auf Polyester, die Ausschnitte der Fotos von Mutter und Tochter und Sujets mit Vergissmeinnicht konturenhaft erkennen lassen. Durch die spezielle Sticktechnik – nicht mit der Nadel, sondern mit der «Tufting-Gun» – sind sie beidseitig als dreidimensionale Objekte nutzbar. Die vielfarbigen Wollfäden hängen oft über den Rahmenrand hinaus.

Förderbeitrag des Kantons 2023

Sara Liz Marty besuchte den Vorkurs der Hochschule Luzern. Einige Jahre studierte sie in Bath und London und schloss als Master Fashion Futures an der University oft the Arts ab. Seit drei Jahren lebt sie wieder in Zug. «Im Vorkurs hatte ich die Wahl, mich für Textildesign oder freie Kunst zu entscheiden. Ich wählte das Textildesign. Heute interessiert mich die Verbindung der traditionellen Handwerkskunst mit innovativen Techniken.»

Es freut die Künstlerin, die neben dem Bürojob ihre Kunstprojekte verfolgt, dass mit der jetzigen Ausstellung in Baar und dem angekündigten Gewinn eines Förderpreises des Kantons Zug ihr Schaffen gewürdigt wird. «Das ist eine Ehre, es motiviert mich und ist ein Ansporn für meine Kunst.» (Text von Monika Wegmann)

 

Hinweis Die Ausstellung läuft bis zum 5. November in der Galerie Billing Baar: Montag, Donnerstag, Freitag, von 14 bis 18 Uhr, am Samstag von 10 bis 16 Uhr.