Glanzvolles Heim-Debüt für Josy Santos

Musik

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Auf den Bühnen der Welt kennt man ihren Namen und ihr Gesicht. Jetzt hat die Mezzosopranistin ein heimisches Publikum begeistert – mit einem Liedprogramm, das die Brasilianerin zur persönlichen Herzenssache erklärt hat.

  • Josy Santos lebt den Gesang förmlich – auch in Mimik und Gestik. Bild: Andreas Faessler (Zug, 11 .11 . 2025)
    Josy Santos lebt den Gesang förmlich – auch in Mimik und Gestik. Bild: Andreas Faessler (Zug, 11 .11 . 2025)

Zug – Sie ist schon viel herumgekommen und stand auf renommierten Bühnen dieser Welt. Doch in ihrer Wahlheimat Zug hatte man Josy Santos noch nicht erlebt – bis am Dienstagabend, als die Mezzosopranistin im Theater Casino mit dem Programm «Zwei Welten in Liedern» ihr fulminantes Heim-Debüt feierte. Begleitet am Piano durch Markus Hadulla, deutscher Kammermusiker und Professor für Klavier-Vokalbegleitung an der Universität für Musik Wien, führte Josy Santos zwei Klangwelten zusammen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen – und doch so vielen Gemeinsamkeiten und gegenseitigen Einflüssen.

Mit den sieben Liedern aus «Zigeunermelodien» von Antonín Dvořák (1841–1904) und den fünf Rückert-Liedern von Gustav Mahler (1860–1911) stellte die gebürtige Brasilianerin zwei Europäer drei namhaften Komponisten aus ihrem eigenen Kulturkreis gegenüber. Von letzteren schlägt insbesondere der Brasilianer Alberto Nepomuceno (1864–1920) eine Brücke zur Europäischen Romantik, indem er diese in Einklang mit volkstümlichen Harmonien seines Heimatlandes bringt. Nepomuceno studierte in Europäischen Metropolen, wurde so zum Botschafter zwischen zwei Kontinenten und gilt als Wegbereiter der brasilianischen Konzertmusik. Passend denn auch die Liedwahl: Josy Santos interpretierte Nepomucenos fünf Liedvertonungen von Gedichten des österreichischen Lyrikers Nikolaus Lenau (1802–1850).

Dvořák, Mahler und Nepomuceno vereint eine tiefe, vom romantischen Geist durchdrungene Gefühlswelt sowie ihre Inspiration aus volksnahen Weisen. Sie verarbeiten Freud und Leid in Melodie und Text, vertonen menschliches Empfinden in seiner gesamten Bandbreite.

Europäische Romantik und brasilianische Volksweisen

Die fünf Volkslieder des bekannten argentinischen Komponisten Alberto Ginestra (1916-1983) brachten schliesslich den geografischen und stilistischen Wechsel innerhalb des Programmes, obschon auch er sich von der europäischen Romantik noch beeinflussen lassen hat. Dennoch überwog hier eine südamerikanische Prägung und der Einfluss einer Zeit des politischen Umbruchs in Argentinien – mit charakteristischen melancholischen Subtönen.

Am Schluss des Programms standen fünf stark von der afro-indigenen Kultur Nordwestbrasiliens geprägte Lieder von Ernani Braga (1888–1948), die den deutlichsten Kontrast setzten. Obschon auch Braga unter einem gewissen Einfluss der europäischen Musiktradition stand, fand er seine persönliche Handschrift, die sich der rhythmischen und auch sprachlichen Vielfalt Brasiliens und insbesondere der Völker in dessen Nordwesten verpflichtet.

Gesanglich und technisch stellte das gewählte Programm hohe Ansprüche an stimmliche und interpretatorische Fertigkeiten, insbesondere bei den zahlreichen zarten, leisen Passagen etwa bei Mahler oder Nepomuceno. Eine sprachliche Sattelfestigkeit hingegen war bei Bragas mitunter zungenbrecherischen Zeilen unerlässlich. Alles gelang der Mezzosopranistin genauso wie ihrem erprobten Begleiter am Steinway meisterhaft und mit Bravour, was auch das Publikum sichtlich zu schätzen wusste.

Aufblühen im eigenen Gesang

Josy Santos lebte ihren Gesang förmlich – Gestik und Mimik widerspiegelten ihre opernspezifische Ausbildung. Die im Nordosten Brasiliens geborene Josy Santos studierte zunächst in São Paulo und schloss mit dem Master an der Hoschchule für Musik in Frankfurt. Im Anschluss absolvierte sie ihr Opern-Konzertexamen, zog bald mit lobenden Kritiken Aufmerksamkeit auf sich und startete ihre internationale Karriere mit bedeutenden Rollenangeboten in namhaften Opernproduktionen.

2018, nach Ende ihres damaligen Engagements an der Staatsoper Hannover, zog Josy Santos zu ihrem Mann nach Zug, wo sie seither mit ihrer Familie lebt – und sich sehr wohl fühlt, wie sie sagt, denn für die kleine Stadt sieht sie ein grosses kulturelles Potenzial. «Somit war diese Gelegenheit, zum ersten Mal im Theater Casino Zug zu singen, für mich die Erfüllung eines Traums», sagt die Sängerin mit Enthusiasmus. Dies erst recht insofern, als sie mit dem gewählten Repertoire mit dem Gesang als Medium viel über sich als Künstlerin habe erzählen dürfen, in der kulturell zwei Herzen schlügen.

Folglich war mit «Zwei Welten in Liedern» auch der Programmname treffend gewählt. «Darin bringe ich meine in Europa erworbenen Fähigkeiten mit meiner brasilianisch-lateinamerikanischen Identität zusammen», bringt es Josy Santos auf den Punkt. Ihrem höchst gelungenen Zuger Auftritt waren zwei Präsentationen desselben Programmes vorausgegangen – einmal in den Niederlanden und einmal in ihrem Heimatland. Santos' Wahlheimat-Debüt in der Reihe Klassik Abo Plus war bereits ein kleiner Siegeszug, und mit Sicherheit hoffen viele an diesem Abend, dass die sympathische, nahbare Sängerin bald wieder einmal in heimischen Gefilden zu hören sein wird. (Andreas Faessler)