Von unzähligen Geschichten umwoben

Dies & Das

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Auf einer aufregenden Entdeckungstour wurde das über 700 Jahre alte Altstadthaus Zur Taube genauer betrachtet. Auch die Zukunft des Gebäudes sieht spannend aus.

Zug – Das geschichtsträchtige Haus Zur Taube in der Unteraltstadt haben Zugerinnen und Zuger über Jahrzehnte als Wirtshaus gekannt und geschätzt. Die letzten Jahre hat eine aufwendige Gesamtrenovation stattgefunden. Dabei konnten in enger Zusammenarbeit zwischen Architekt und Denkmalpflege auch immer wieder Kompromisse gefunden werden, wenn sich unterschiedliche Zielsetzungen zeigten. Die Renovation soll in diesem Jahr fertig werden und mit ihr ein neues Kapitel beginnen.

Dan Semrad von der CSL Architekten AG zeichnet sich für die Renovation verantwortlich und freut sich über das aufregende Projekt: «Viel vom ursprünglichen Gebäude konnten wir glücklicherweise erhalten. Damit konnten wir unsere Vision eines spannenden Zusammenspiels zwischen alt und neu realisieren. Unter anderem entstand ein Lift mit Glasfenstern oder Loftwohnungen mit modernen Küchen.» Das Projekt sei ein erster Schritt, um die Altstadt zu beleben, so Semrad weiter: «In den nächsten Jahren werden zwei weitere Renovationen in der Unteraltstadt mit grossem Potenzial stattfinden.»

Was macht den Charme der «Taube» aus? Am Samstag fanden drei Führungen statt, in denen die über 700-jährige Geschichte des Hauses erkundet werden konnte. Die Führungen waren bestens besucht – nebst dem grossen Interesse der Besucher war dieser Umstand an diesem Prachtstag wohl auch ein bisschen Petrus geschuldet. Anette JeanRichard und Nathalie Wey vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie leiteten die Führungen. Von der Begrüssung an gelang es ihnen, die Anwesenden in den Bann des Gebäudes zu ziehen.

Ein Haus als Überlebenskünstler

JeanRichard erklärte, dass vom ursprünglichen Haus heute noch die Mauer und die Bodenkonstruktion der Gassenseite geblieben wären. Weiter erzählte sie von zwei Katastrophen, die das Haus geprägt hätten: «Durch archäologische Funde kann ein grosser Stadtbrand auf das Jahr 1371 datiert werden. Da im Folgejahr auffallend viele Häuser neu gebaut wurden, schliessen wir auf eine Katastrophe in diesem Jahr – die ‹Taube› hat diese überlebt.»

Auch im Jahr 1435 hat sie sich resistent gezeigt. Beim Uferabbruch waren die Zerstörungen gewaltig und Opferzahlen sehr hoch, die Taube war nur beschädigt worden. Wey fuhr mit der bewegten Geschichte fort. Sie sprach von drei verschollenen Wappen, die das Gasthaus geziert haben sollten. Eines habe das Familienwappen der Steiner-Familie gezeigt, ein anderes das Jerusalemkreuz, was darauf hinweist, dass der Eigentümer dorthin gepilgert ist. Das dritte Motiv sei nicht bekannt. «Im 17. Jahrhundert diente das Wirtshaus als beliebte Weinschenke und später als Taverne. 1821 etablierte sich dann mit einem neuen Wirt nebst dem Wirtshaus eine Bäckerei – eine Kombination, die damals gang und gäbe war.»

Nach viel theoretischer Kost begab sich die Gruppe ins Haus, um selbst die anmutige Atmosphäre des Hauses zu spüren. Ganz abgeschlossen ist die Renovation offensichtlich noch nicht – überall standen Gerüste, und es lag Abdeckband herum. Das ehemalige Wirtshaus schien eine wahre Schatzkiste für Fundstücke zu sein. Die meisten Funde stammen aus den Zwischenböden des ehemaligen Sälis. Nebst uralten Jasskarten wurden Münzen gezeigt, die aus Zeiten stammen, als noch in Kantonswährungen bezahlt wurde. Auch gab es Münzgewichte zu bestaunen, mit denen bestimmt wurde, ob das Gewicht der Münzen korrekt war. Die Besichtigung zeigte: Der Charme der «Taube» ist ungebrochen. (Nils Rogenmoser)