Zytclub schliesst nach zehn Jahren

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In zwei Wochen muss Felix Suter seinen Zytclub für immer schliessen. Er verabschiedet sich mit einem Film.

  • Die silberne 10 ist ein Überbleibsel vom Vorabend – dem 10-Jahre-Jubiläum. (Bild Stefan Kaiser)
    Die silberne 10 ist ein Überbleibsel vom Vorabend – dem 10-Jahre-Jubiläum. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Der 5. November 2022 ist ein Schicksalstag für Felix Suter. Es ist der Tag, an dem er erfährt, dass es definitiv ist: Die Tage des Zytclubs sind gezählt. Und zwar sind es genau 40.

Der Eigentümer verkauft das Gebäude am Kolinplatz 1. Der Käufer kauft aber nur unter einer Bedingung: Das Gebäude muss leer sein. Am 15. Dezember wird Felix Suter die Schlüssel zum Zytclub deshalb für immer abgeben.

«Wollte das Ganze für mich zuerst verarbeiten»

Ein paar Tage nach dem 5. November ruft er seinen langjährigen Freund Remo Hegglin an, den er vor acht Jahren im Zytclub kennen gelernt hat. Hegglin ist Filmemacher und Kulturschaffender – und kommt aus der Kommunikation. Wie, fragt ihn Suter, soll er seiner Kundschaft die schlechten Neuigkeiten überbringen?

Die beiden beschliessen, die Nachricht fürs Erste für sich zu behalten. Sie wollen einen Film drehen und ihn am 30. November vor versammelten Gästen abspielen, am 10-Jahr-Jubiläum des Zytclubs.

Das Jubiläum ist gleichzeitig die Abdankung

Es ist also der 30. November und alle Freunde und wichtigen Weggefährten feiern Felix Suter und seinen Zytclub. Dass es das letzte Jubiläum ist, weiss bis vor Mitternacht fast niemand. Erst dann sammelt Suter alle zusammen und spielt ihnen den Film ab. Die nächste halbe Stunde liegen sie sich weinend in den Armen.

Am Tag danach ist Felix Suter alleine im Lokal und saugt Konfetti auf, trocknet Gläser, nimmt das Schlagzeug auseinander. Wie es ihm gehe? «Gut.» Nach einer Pause fügt er an: «Es sind halt schon zehn Jahre, die jetzt einfach vorbei sind.»

Sie seien auf dem Zenit, sagt Suter, er und sein Geschäftspartner Patrick Sieland. Es sei immer nur besser geworden. «Wenn abspringen, dann jetzt», sagt Suter und zuckt etwas traurig mit den Schultern. «Freiwillig hätte ich es nicht getan. Aber vielleicht verpasst man auch manchmal den Moment.»

Von Zigarren zu Livekonzerten

Als Felix Suter den Zytclub 2012 übernommen hatte, war es eine Zigarrenlounge. Die Samstage seien nie wirklich gelaufen, sagt er. Also hat er begonnen, dafür Konzerte organisieren – und so aus dem Zytclub ein erfolgreiches Livemusiklokal gemacht. 150 nationale und internationale Bands haben über die Jahre hinweg im Zytclub gespielt. Am 10. Dezember steigt die letzte Party. Wie es nun weitergeht, weiss Felix Suter noch nicht. Er brauche Abstand für ein paar Monate, vielleicht lerne er Gitarrespielen, jobbe hier und da, und lasse sich eine neue Idee für ein neues Lokal einfallen. Der bisherige Eigentümer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, verkaufe das Gebäude aus persönlichen Gründen, wie er auf Anfrage sagt. Wie es mit dem Lokal weitergehe, sei noch offen, es bestehe noch kein neues, definitives Projekt.

«Mit dem Zytclub verliert Zug einen wichtigen, besonderen Ort des Austauschs», sagt Remo Hegglin, der mit Felix Suter zusammen den Abschiedsfilm gedreht hat. Hegglin ist regelmässiger Gast und schätze vor allem, wie sich die Kundschaft im Zytclub vermischt habe. «Wo sonst würden ein Expat, ein Anwalt und ein Künstler ins Gespräch kommen?»

Eine Stadt, die ihre Seele verkauft

Als Felix Suter ihm die schlechten Neuigkeiten mitteilte, war Hegglin in Berlin. Er habe alles stehen und liegen gelassen, um mit dem Film anzufangen. Es gebe Momente im Leben, die seien derart wichtig, da über­lege man nicht lange. «Für Felix würde ich alles tun.» Innert weniger Wochen haben Hegglin und sein Team nicht nur einen Film konzeptioniert, gedreht und geschnitten, sondern auch Musik komponiert, eingesungen und abgemischt. Das Resultat ist ein Porträt eines Barbetreibers, der mit wehenden Fahnen untergeht. Das Lied im Abspann transportiert eine Botschaft, so schwer, dass sie niemand auszusprechen vermag.

«Our town is selling its soul tonight», heisst es. Der Film und das Lied sollen den Zytclub überdauern und stellvertretend für das stehen, was in Zug passiert, sagt Remo Hegglin. Es erzählt die Geschichte einer Stadt, die ihre Seele verkauft. (Text von Linda Leuenberger)