Ein Werk, bei dem sich ein zweiter Blick lohnt

Kunst & Baukultur, Dies & Das

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Mitarbeitende von Zuger Institutionen erzählen über ihr Lieblingskunstwerk.

  • Das Kurationsteam der Kunstpause hat sich für das Gemälde von Yann Kébé entschieden. (Bild PD)
    Das Kurationsteam der Kunstpause hat sich für das Gemälde von Yann Kébé entschieden. (Bild PD)

Zug – Dieser Artikel ist in der Ausgabe April 2021 des Zug Kultur Magazins erschienen. Hier geht es zu den weiteren Berichten über Lieblingskunstwerke.

Nadine Schrick und Sam Heller, Kunstpause Zug

«Kann man ein einziges Lieblingswerk haben? Man hat doch auch nicht nur einen ultimativen Lieblingssong. Nein, man hat einen für traurige Momente, einen für fröhliche Stunden, einen, den man immer mit den besten Freunden hört, und aus jeder Musiksparte sowieso einen anderen. So geht es uns auch mit den Kunstwerken. Wir haben uns hinsichtlich der nächsten Kunstpause dafür entschieden, zusammen ein Werk auszusuchen. Obwohl es für uns natürlich an jeder Kunstpause mehrere Lieblingswerke gibt.

Klassischer Stil bewusst eingesetzt
Einer unserer Favoriten ist Yann Kébé mit seinem Werk «Unverborgen». Dieses Bild scheint in vielen Hinsichten sehr klassisch – aber nur auf den ersten Blick. Gemalt wurde das Ölbild auf Leinwand. Seine Masse sind weder überdimensioniert, noch ist es besonders klein. Sogar der Malstil und die Strichführung sind irgendwie klassisch. Inhaltlich zeigt es Männer und eine Frau, die tanzt – das kennt das geschulte Museumsauge doch schon von irgendwoher. Erst jetzt, wenn die grauen Zellen zu arbeiten anfangen, bemerkt der Betrachtende, dass inhaltlich aber auch wirklich gar nichts mehr klassisch an dem Werk ist.

Rollenbilder werden hinterfragt
Denn die im Vordergrund stehende Frau im roten Kleid tanzt vor drei nackten Männern. Angelehnt an Ferdinand Hodlers «Fröhliche Frau» kann Kébés Gemälde als kritischer Kommentar zur Rolle der Schweiz und Europa in der Zeitspanne vom Kolonialismus bis heute gesehen werden. Den Tanz, er steht dabei symbolisch für Afrika, möchte er dem Kontinent mit dem Gemälde zurückgeben. Gleichzeitig werfen die drei sitzenden Figuren das Thema Ausbeutung auf. Ihre Nacktheit dreht den Spiess jedoch um, und es stellt sich die Frage, wer nun wirklich entblösst ist? Hinterfragt werden in diesem Bild zudem die Geschlechterrollen. Um die Allegorie zu verstärken, wurden die Figuren vereinfacht und maskenhaft gemalt.
Damit hat Yann Kébé ein Bild geschaffen, das zwar auf den ersten Blick sehr klassisch daherkam, uns aber auf den zweiten Blick sehr überrascht hat. Wunderbar.»

«Unverborgen» von Yann Kébé
Öl auf Leinwand