Alte Schule trifft auf neue Schule

Dies & Das

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Noch bis am 21. Dezember dauert die Ausstellung «Auf der Suche nach der Wahrheit» im GIBZ in Zug.

Zug – Am Dienstagmorgen hat die Berufsmaturitätsklasse von Christian Hegglin keinen gewöhnlichen Unterricht. Stattdessen besuchen die Schülerinnen und Schüler die interaktive Ausstellung «Auf der Suche nach der Wahrheit – Wir und der Journalismus», die noch bis zum 21. Dezember im Schulhaus des Gewerblich-industriellen Bildungszentrums gastiert.

In drei Gruppen tauchen die Berufsmaturandinnen und -maturanden in die verschiedenen Themenbereiche der Stationen ein, an denen sie spielerisch erleben, wie Medien funktionieren, wie journalistisches Arbeiten aussieht und wie schwierig es sein kann, Wahrheit und Fälschung auseinanderzuhalten. Zu Beginn der Ausstellung haben alle eine persönliche Karte erhalten, mit der sie sich registrieren konnten. Diese Karte begleitet sie durch alle Stationen und dient als digitaler Schlüssel, mit dem sie Aufgaben lösen und Punkte sammeln können.

Die Gruppe um Schülerin Elona testet gerade ihr Wissen an der Station «Medien und Gesellschaft. Was die Schweiz bewegte». Nach dem Lesen von zehn Ereignissen, die den politischen und medialen Diskurs des Landes prägten, müssen sie entscheiden, ob die dazugehörigen Aussagen wahr oder falsch sind. Mit ihrer Karte hält Elona fest: «Eine Echo-Chamber ist ein Zimmer mit einem Echo – diese Aussage ist sicher falsch», sagt sie überzeugt. Eine Echo-Chamber ist ein Umfeld, in dem man hauptsächlich Meinungen und Informationen ausgesetzt ist, die die eigenen Ansichten bestätigen und verstärken. Ein grünes Licht bestätigt ihre Einschätzung. Bei anderen Aussagen muss sie länger überlegen. «Man muss sich gut einlesen, aber es ist spannend. Ich habe von Fällen erfahren, von denen ich vorher noch nie gehört habe.»

Chefredaktor oder doch nur Praktikant?

Für jede richtige Antwort erhalten die Schülerinnen und Schüler Punkte, die auf ihrer Karte gespeichert werden. Am Ende der Ausstellung wird diese eingelesen und die Besucherinnen und Besucher erhalten einen Presseausweis mit einer Rangstufe: Wer besonders viele Punkte gesammelt hat, wird zur Chefredaktorin ernannt – wer weniger erfolgreich war, beginnt als Praktikant.

Elonas Gruppe zieht schliesslich weiter an die Filmstation «Geschichten. Der Blick der Journalist:innen». Dort sehen die Schülerinnen und Schüler Kurzfilme, in denen Medienschaffende von ihren Erfahrungen und Herausforderungen erzählen. Am Schluss müssen sie einschätzen, ob Aussagen zu dem Video wahr oder falsch sind. Gruppenmitglied David zeigt sich beeindruckt: «Wenn man einen Artikel über eine Person liest, merkt man gar nicht, wie viele Überlegungen der Journalistinnen und Journalisten dahinterstehen. Ob man jemandem gerecht wird oder den Ruf der Person schädigt. Das war mir als Leser vorher nie bewusst.»

«Jede Aussage muss zweimal bestätigt werden»

Während Davids Gruppe noch diskutiert, arbeitet diejenige von Alex bereits im Newsroom, einem journalistischen Escape-Room. Die Schülerinnen und Schüler müssen dort unter Zeitdruck Informationen kombinieren, Quellen prüfen und gemeinsam eine Geschichte fertigstellen, welche auf der Elisabeth-Kopp-Affäre basiert.

«Wir mussten alle Aussagen von zwei Quellen bestätigen lassen. Das war ziemlich stressig, deshalb haben wir am Ende einfach alles schnell durchgeklickt. Die Chefredaktorin war dann nicht zufrieden mit uns», erzählt Alex lachend. Danach geht die Gruppe weiter zur Station «Facts & Fake News – Das Spiel mit der Wahrheit», wo zuvor die Gruppe von Riccardo war.

An dieser Station testen die Schülerinnen und Schüler ihre Medienkompetenz in einem Quiz und in den sogenannten «Burger Games». Bei dem Spiel müssen sie in einem Durchgang als Bösewicht Fake News verbreiten, im nächsten als Engel versuchen, sie zu stoppen. Riccardo ist als Bösewicht weniger erfolgreich, dafür umso besser als Engel. Sein Kamerad Nico meint: «Es ist interessant und einmal etwas anderes als der reguläre Schulunterricht.»

Lehrer Christian Hegglin ist von der Ausstellung überzeugt: «Sie ist sehr kompakt gestaltet und somit ideal für den Schulunterricht. Es ist super, wie ‹alte Schule›, also Printmedien, auf ‹neue Schule›, die sozialen Medien, trifft.»

Er betont, wie wichtig es sei, über Fake News aufzuklären. Gleichzeitig habe er in der Vorbereitung auch festgestellt, dass seine Klasse bereits gut wisse, wie man sich informiere. «Wir haben gemeinsam besprochen, wo sie sich informieren und welchen Medien sie vertrauen können», erzählt Hegglin.

«Qualitätsmedien können nicht gratis sein»

Theo Stich, der die Ausstellung gemeinsam mit dem Verein Journalistory – einem Zusammenschluss von Historikerinnen und Historikern – ins Leben gerufen hat, erinnert sich daran, dass die Idee zur Ausstellung 2017 im Vorfeld der Abstimmung über die «No Billag»-Initiative entstand. Diese forderte die Abschaffung von Radio- und Fernsehgebühren. «Wir befürchteten, dass in Zukunft nicht nur der SRG, sondern auch den Medien ganz allgemein, die Mittel fehlen würden, um fundierten Journalismus zu betreiben», erklärt Stich.

Dem Verein sei es ein zentrales Anliegen gewesen, der Bevölkerung zu vermitteln, wie wichtig die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten für die Meinungsbildung und direkte Demokratie sei.

Stich betont, dass die Ausstellung interaktiv gestaltet sei, da die Ausstellungsmacher insbesondere junge Menschen auf spielerische Weise für das Thema begeistern möchten. «Es ist uns wichtig, den Schülerinnen und Schülern zu zeigen, worin die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten konkret besteht», so Stich. Den Jugendlichen sollte bewusst werden, dass sie als künftige Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auf verlässliche Informationen angewiesen seien.

«Jugendliche informieren sich heute kaum mehr über traditionelle Medien, wie Zeitungen, Radio oder Fernsehen, sondern über Social Media», erklärt Stich weiter. Dort seien bewusst verbreitete Falschinformationen an der Tagesordnung. Deshalb sei es dem Verein wichtig, dass Jugendliche lernten, solche Inhalte zu erkennen. «Wir erhoffen uns, dass sich Schülerinnen und Schüler nach dem Besuch der Ausstellung vielfältiger informieren. Nicht nur über Soziale Medien, sondern dass sie auch bereit sind, für Qualitätsmedien zu bezahlen», sagt Stich. Denn qualitative, gute Informationen und eine gründliche Hintergrundrecherche seien mit erheblichem Aufwand verbunden – «sie können nicht gratis sein».

Hinweis: Die Ausstellung ist noch an zwei Samstagen für das Publikum geöffnet: am 29. November und am 13. Dezember im Trakt 5 des GIBZ. Im November führt Theo Stich um 13.30 Uhr durch die Ausstellung. Weitere Informationen unter suchewahrheit.ch. (Text: Valérie Kälin)