Jubiläumsanlass mit vielen Hürden

Brauchtum & Geschichte

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Corona prägt den 130. Zuger Stierenmarkt stark. Doch die umstrittene Covid-Zertifikatspflicht tut der Geselligkeit keinen Abbruch.

  • Die mächtigen Tiere ziehen Jung und Alt in ihren Bann. (Bild Matthias Jurt)
    Die mächtigen Tiere ziehen Jung und Alt in ihren Bann. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Bei sommerlichem Prachtwetter stehen die Munis auf dem Zuger Stierenmarktareal in Reih und Glied und präsentieren sich den Experten – darunter der frisch ausgezeichnete Stier Aron. Züchter Fredi Fleischmann aus Altendorf im Kanton Schwyz ist stolz auf die Ehrung seines Tieres und froh, dass der Anlass nach der letztjährigen Absage wieder stattfindet. «Schade ist nur, dass dieses Jahr viel weniger Tiere da sind. Das schränkt die Vergleichsmöglichkeiten unter uns Züchtern ein», bedauert Fleischmann.

Corona ist auch am Zuger Stieremärt überall spürbar: Von den üblicherweise rund 250 Stieren sind heuer lediglich 134 angemeldet und über das Stierenmarktareal schlendern deutlich weniger Besucherinnen und Besucher. Ein möglicher Grund dafür: Dieses Jahr werden nicht nur die Stiere zertifiziert, sondern auch die Besucherinnen und Besucher. Denn Zutritt erhält nur, wer ein gültiges Covid-Zertifikat vorweisen kann. Eine solche Pflicht gilt gemäss Verordnung für Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen.

Viel Skepsis gegenüber Zertifikatspflicht

Bei den Landwirtinnen und Landwirten kommt das mässig gut an. «Ich kenne viele Bauern, die wegen der Zertifikatspflicht auf die Teilnahme am Stieremärt verzichtet haben», sagt Züchter Josef Raab aus Unterägeri. «Viele denken, das braucht es nicht, auch weil der Anlass draussen stattfindet.» Das bestätigt auch das Züchterpaar Anita und Gian-Andrea Hänni aus Graubünden. Es sei zwar verständlich, dass man ein Zertifikat brauche, doch das habe viele abgehalten. «Wenn der Anlass nur so durchgeführt werden kann, ist das allerdings immer noch besser als eine Absage.»

Dass der 130. Stieremärt keine Besucherrekorde knacken werde, sei absehbar gewesen, betont Lucas Casanova, Direktor von Braunvieh Schweiz. Gewisse Züchter und Besucher seien wohl wegen des Covid-Zertifikats ferngeblieben, andere aus Respekt vor der Pandemie. «Dennoch war eine erneute Absage des Anlasses kein Thema. Wir wollten den Stierenmarkt bewusst wieder als Treffpunkt für alle gestalten. Jetzt, wo viele andere Veranstaltungen abgesagt worden sind, ist das umso wichtiger.»

Neben der Stieren-Siegerparade samt Mister-Wahlen runden mehrere Säulirennen, eine Autogrammstunde mit EVZ-Spielern, Ponyreiten, ein Tierhof und viel heitere Geselligkeit den Markttag ab. Beim Volk wird der Aufwand geschätzt. Beerit Sägesser aus Zug, die den Stieremärt mit ihren Grosskindern besucht, freut sich: «Es ist ein wunderbarer Anlass, der einfach dazugehört und in dieser anspruchsvollen Zeit besonders schön ist.» Für das Schutzkonzept nehmen die Organisatoren Mehrkosten von rund 25000 Franken in Kauf. Die Eingangskontrollen sind aufwendiger und erfordern mehr Personal, zudem musste das gesamte Gelände eingezäunt werden. Ausserdem wird morgen Donnerstag die Auktion von rund 30 hochträchtigen Rindern und frisch gekalbten Jungkühen für Bäuerinnen und Bauern erstmals auch online übertragen. Weitere Infos und die Ranglisten sind unter www.braunvieh.ch ersichtlich.

Ungeimpfte Landwirte lassen sich testen

Wer nicht geimpft ist, kann sich im Testzelt neben dem Eingang auf das Coronavirus testen lassen und so zum Zertifikat ge­langen. Das Angebot werde auch rege genutzt, überdurch schnittlich oft von Landwirten, die sich nicht impfen lassen wollten, bestätigen Mitarbeiter der Herti Apotheke vor Ort. Auch Züchter Fredi Fleischmann hat sich testen lassen. «Das war gegenüber einem Verzicht auf den Stieremärt das kleinere Übel», sagt er und tätschelt seinem Stier Aron den Kopf. (Laura Sibold)