Banalitäten werden zur Steilvorlage

Literatur & Gesellschaft

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«Ein Quantum Toast» – so verführerisch der Titel, so knusprig der Inhalt: Im neuen Buch der Zuger Wortakrobatin Judith Stadlin erhalten selbst Nichtigkeiten des Alltags eine grosse Bühne.

  • Judith Stadlins neustes Buch ist mehr als spoken Word in Buchstabenform. (Bild PD)
    Judith Stadlins neustes Buch ist mehr als spoken Word in Buchstabenform. (Bild PD)

Zug – «Spoken Word» – gesprochenes Wort – ist heutzutage eine der populärsten Formen der darstellenden Kunst. Lyrische Texte oder Prosa werden einem Publikum live vorgetragen; Literatur und Performance vermischen sich dabei einmal mehr, einmal weniger.

Die Zuger Literatin und Wortkünstlerin Judith Stadlin hat sich das «Spoken Word» schon früh zu eigen gemacht. Der gekonnte Umgang mit der Sprache und alles Erdenkliche, was mit viel Kreativität damit möglich ist, sind eines ihrer Markenzeichen – sowohl auf der Bühne als auch in ihren Büchern.

Keine Spur von Berührungsängsten

Nach «Die Schweiz ist ein Kuhgell» und «Häschtääg zunderobsi» ist mit «Ein Quantum Toast» ihr neustes Buch erschienen. Gesprochenes Wort in Buchstabenform also. Das funktioniert einmal mehr hervorragend, wie die Lektüre der Neuerscheinung zeigt.

Auf 215 Seiten werden Kurz- bis Kürzestgeschichten serviert – mit Witz und Charme, lust- und humorvoll, aber auch wunderbar bissig und kratzbürstig. Wie immer kennt die Autorin keine Berührungsängste, was die Themenwahl angeht. Gendern, Political Correctness, Handysucht ... alles, was die Gesellschaft des Heute beschäftigt, schlachtet sie genüsslich aus. «Ich finde, die Leute sollen auch über Dinge lachen können, die im Grunde ernst sind», sagt Stadlin, für die selbst die unspektakulärsten Banalitäten des Alltags zur Steilvorlage werden. Das ist eine der Qualitäten der Wortakrobatin.

Stadlin nimmt ihr Lesepublikum überdies auch mit auf ihre Reisen und lässt sie an den komischsten Vorkommnissen teilhaben. Zufällig mitgehörte ­Gespräche unterwegs, irrwitzige Begebenheiten, urkomische Dialoge, seltsame Begegnungen oder schräge Telefonate verarbeitet sie zu witzreichen Textkreationen. In Wortjonglage übt sie sich zudem bei der Titelgebung: Die Überschrift einer jeden Geschichte – so auch der Buchtitel – ist eine Abwandlung von bekannten Kino- und TV-Produktionen oder Literaturklassikern. Zugegeben, die Wortspielereien und Sprachexperimente sind in geschriebener Form energieraubender als herkömmliche Prosa. Nicht zuletzt deshalb hat Stadlin «Ein Quantum Toast» als eine Art Buch-Kino-Hybrid konzipiert. Per QR-Code kann man sich gewisse Texte auch von der Autorin persönlich vortragen lassen – via Youtube-Clip. Und wer sich schwer tut mit der Lektüre von Mundarttexten, findet einige von ihnen als Hochdeutsch-Variante vor.

Die Buchpräsentation von «Ein Quantum Toast» Anfang Mai im Oswald’s Eleven war der Auftakt zum Juhee-Festival ebenda, im Rahmen dessen es eine Woche lang Live-Literatur gab – dies als Zeichen des Dankes für all die Unterstützung durch die Zuger Bevölkerung, welche die Zuger Satz & Pfeffer-Lesebühne erfahren hatte angesichts ihrer Fast-Schliessung.

Ab dem 13. Mai startet Judith Stadlin mit ihrem neuen Buch eine «knusprige Vorleseshow» quer durch die Deutschschweizer Kleinkunstszene. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis «Ein Quantum Toast», Verlag Zytglogge, 215 Seiten, Fr. 29.–. Vernissage am 5. Mai, 19.30 Uhr sowie am 7. Mai, um 17 Uhr im Oswalds Eleven, St.-Oswalds-Gasse 11, Zug. Reservation: Telefon 041 711 15 20 oder booking@lese­buehne.ch.