Vom Original zur Mehrfachbearbeitung

Musik

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Das Konzert der Stadtmusik Zug brachte ein stimmungsvolles Programm mit romantischem Schwerpunkt.

  • Das Konzert der Stadtmusik fand unter der Leitung von Sandro Blank statt. Die ersten beiden Lieder wurden in kleiner Formation beim Kircheneingang gesungen. (Bild Matthias Jurt)
    Das Konzert der Stadtmusik fand unter der Leitung von Sandro Blank statt. Die ersten beiden Lieder wurden in kleiner Formation beim Kircheneingang gesungen. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Als musikalisch und zeitlich gewichtigstes Werk erklang die 1917 komponierte erste Suite aus «Antiche Danze ed Arie per liuto» des italienischen Nachromantikers Ottorino Respighi (1879–1936). Exemplarisch zeigte sie den langen Weg vom Original bis zum Blasorchester-Erlebnis für die Zuhörerschaft.

Die Original-Laute («liuto») des 16. Jahrhunderts wäre in der St.Oswaldskirche kaum hörbar gewesen – dies ist einer der Gründe, warum dieses Instrument schon im 18. Jahrhundert aus dem zahlenmässig und klanglich wachsenden Orchester verschwunden ist.

Respighi machte daraus unter Wahrung vieler musikalischer Eigenheiten des 16. Jahrhunderts ein neoklassisches Werk für gemischtes Orchester. Der Tessiner Franco Cesarini adaptierte es weiter für Blasorchester; aber es blieb immer noch genug Detail-Arbeit für Sandro Blank, um die Bearbeitung (Cesarini) der Bearbeitung (Respighi) der vorhandenen Besetzung und dem Können der Zuger Stadtmusik anzupassen. Vom ursprünglichen Hörerlebnis gezupfter Saiten erklang immerhin noch das von Anne-Martine Hofstetter trefflich vorgetragene Harfensolo des Mittelsatzes.

Sorgfältige Vorbereitung mit viel Gestaltungskraft

Auch sonst gelang ein abgerundetes Hörerlebnis zwischen den überwiegend solistisch besetzten Teilen (Spezialkompliment für die Solo-Oboistin Catarina Castro!) und dem vollen Orchesterklang. Im ganzen Programm dokumentierte sich eine sorgfältige Vorbereitung, kombiniert mit viel Gestaltungskraft auch aus dem Moment. Für verschiedene Passagen entschied sich der Dirigent zu einem sehr lebhaften Tempo. Dies kam der Gesamtform entschieden zugute; es führte nur an einzelnen Stellen zu Ungenauigkeiten im Zusammenspiel.

Das zu Beginn gespielte «Canzon» von Giovanni Gabrieli (1557–1612) richtete sich schon im Original an einen grossen Kirchenraum; durch die Biografie ist auch bekannt, dass es sich dabei um den Markusdom in Venedig handelte. Die vom Komponisten nicht klar festgelegte Instrumentierung des doppelchörigen Werkes wurde von neun Blechbläsern ausgeführt. Diese standen hinter dem Publikum im Eingangsbereich der Kirche. Es war ein richtiger Entschluss, sich dabei an modern gebaute Instrumente zu halten. Die durch den starken Publikumsaufmarsch nur wenig hallige St.Oswaldskirche erlaubte so auch vom ungewohnten Standort her einen präzisen Nachvollzug. Die «Semiramide Ouverture» nach der gleichnamigen Oper von Gioacchino Rossini war nach französischem Vorbild mit langsamer Einleitung und beschwingter Fortsetzung aufgebaut. Die reichhaltige, über weite Strecken lebensbejahende Struktur nahm einige Themen der nachfolgenden Oper vorweg, nicht aber die Grausamkeit der eigentlichen Handlung, welche mehrere ungewollte Familienmorde enthält.

Langer Applaus

Einen würdigen Abschluss bildete die «Sinfonia per Banda» des italienischen Romantikers Amilcare Ponchielli (1834–1886). Hier musste das bereits für Bläser geschriebene Original am wenigsten angepasst werden. Von der fugenartigen Einleitung her erfolgte eine sukzessive Steigerung nach Harmonie und Spannkraft bis knapp vor Ende in einen Trugschluss. Als Kuriosum wurde dieser noch durch einen ganz kurzen lyrischen Zwischenteil abgebrochen, welcher erst nachher in den eigentlichen Schlussakkord mündete.

Das zahlreiche Publikum dankte mit einem langen und intensiven Applaus, der von den Ausführenden mit einem italienischen Marsch als Zugabe erwidert wurde. (Text von Jürg Röthlisberger)