Virtuos verklingen die Internationalen Zuger Orgeltage

Musik

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Das siebte und letzte Konzert der 41. Internationalen Zuger Orgeltage in Oberwil bestritt der ungarische Organist Balázs Méhes. Er war mit Frau und Töchtern angereist, die seine Darbietung vokal unterstützten.

  • Der ungarische Virtuose Balázs Méhes an der Orgel der Pfarrkirche Bruder Klaus in Oberwil. (Bild Matthias Jurt)
    Der ungarische Virtuose Balázs Méhes an der Orgel der Pfarrkirche Bruder Klaus in Oberwil. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Ein heisser Sonntagabend am See in Oberwil – und dennoch stellten sich gegen 40 orgelliebende Zuhörer und Zuhörerinnen in der katholischen Pfarrkirche Bruder Klaus ein, um Balázs Méhes zuzuhören.

Der Organist und Chorleiter der Reformierten Kirchengemeinde im ungarischen Tiszakécske und Dozent für Musikgeschichte und Orgelspiel an der Pädagogischen Fakultät der Reformierten Universität «Károli Gáspár» in Nagykőrös brachte Musik der beiden ungarisch-stämmigen Tondichter Zoltán Gárdonyi und Franz (Ferenc) Liszt sowie zwei Stücke des französischen Komponisten César Franck mit.

Grosse, eher modernere Orgelwerke standen somit auf dem Programm. Das war während 75 Minuten deutlich zu hören. Partita sopra «Veni Creator Spiritus» (1958) variierte eine mixolydische Liedvorlage aus dem kirchlichen Pfingstzyklus: Einer mächtigen Introduktion, die polyphon-dissonant wirkte, folgten die Präsentation der Grundmelodie «Komm, Heiliger Geist» als Lento, dann vier Variationen, in denen sich Tempi, Rhythmen und Registerwahl, einfache und komplexe Melodieführung, Spielerisches und Majestätisches ablösten; das «Quasi improvvisato» (Variation IV) wirkte dabei fast wie eine futuristisch-mathematische Konstruktion, als «harmonisch schwebende Farbflächen», wie das Programmheft beschrieb. Anspruchsvoll zu spielen, nicht leicht zu hören.

Musikalisches Hochzeitsgeschenk

Umso zugänglicher war dann das Epithalamium, ebenfalls von Gárdonyi. Das Wort bedeutete in der Antike ein meist chorisch vorgetragenes Gedicht zur Feier einer Hochzeit. Gárdonyi verfasste diese Komposition 1971 als Hochzeitsgeschenk für ein befreundetes Brautpaar und vertonte darin zwei Bibelverse, die sich auf die Ehe beziehen, für Sopransolo und Streichquartett. Zu hören war in Oberwil eine Fassung für Orgel und Mezzosopran. Virag Méhes, die Tochter des Organisten, sang das Stück mit einfacher, unverschnörkelter Stimme, anfangs leicht gedämpft, dann die Begleitung hell überstrahlend.

Franz Liszt wurde in seinen späteren Jahren Geistlicher in Rom und schrieb 1863 für den damaligen Papst Pius IX. den sogenannten «Papst-Hymnus». Die Basis der Komposition, die eine A-B-A Form gestaltet, bildet der Satz, mit dem die katholische Kirche jeden Papst als Nachfolger Petri und somit als Stellvertreter Christi auf Erden etablierte: Tu es Petrus (Searle-Verzeichnis 664/2), «Du bist Petrus der Fels, und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen.» Diesem übergeschichtlichen Anspruch entsprechend, wirkten die beiden A-Teile wie eine beinahe aggressive Inbesitznahme mit mächtigem Statement, während der B-Teil eine Art Pastorale war – mit zärtlichen Melodien zum Bibeltext «Weide meine Schafe».

Auch von Liszt hatte Méhes ein «Stück Zur Trauung» (Searle-Verzeichnis 671) mitgebracht, und wiederum erklangen dabei Frauenstimmen. Zu diesem Werk hatte den Komponisten das Renaissance-Gemälde «Vermählung Mariä» von Raphael (heute ausgestellt in der Pinakothek Mailand) inspiriert. Nach einem längeren Orgel-Solo gaben Méhes’ Frau und die Töchter Csilla, Virag und Anna den Text «Geist der Liebe, segne uns» zum Besten. Im von der Abendsonne erhellten Kirchenraum leuchteten dabei die Engelsfiguren auf den Fresken von Ferdinand Gehr – eine besondere Stimmung.

Von César Franck hatte Organist Méhes zunächst die Grand pièce symphonique op. 17 vorgesehen, in der die Orgel den Klang eines ganzen Orchesters zu imitieren versucht, was grandiose Musik mit reicher Registratur bedeutet. Die Orgel der Bruder Klaus-Kirche eignete sich aber dafür nicht ganz, und so spielte der Organist eine der «Pièces posthumes» von Franck, publiziert nach dessen Tod durch einen seiner berühmten Schüler, Tournemire.

Ein frühes Werk César Francks

Francks Final B-Dur op. 21 beschloss das Konzert. Es gehört zu seinen frühesten Orgelwerken und ist von dreiklangsbetonter Harmonik geprägt. Auffallend für jedes Laien-Ohr war eine nach oben springende Quart- Figur, die immer wiederkehrte und Ruf-Charakter hatte. Méhes konnte mit dem grossartigen Stück nochmals seine Organisten-Virtuosität beweisen., (Text von Dorotea Bitterli)