Tausende strömen nach Menzingen

Brauchtum & Geschichte

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Das Scheller- und Trychlertreffen war ein Erfolg. Bundesrat Albert Rösti beschwört die Vielfalt der hiesigen Kultur.

  • Auch eine Gruppe aus Buttwil sorgt für Stimmung. (Bilder Jan Pegoraro)
    Auch eine Gruppe aus Buttwil sorgt für Stimmung. (Bilder Jan Pegoraro)

Menzingen – Knapp zwei Wochen nach dem regnerischen Nationalfeiertag schien es, als sei der Schweizer Traditionsgeist noch ausgeprägter als sonst. Am vergangenen Wochenende zog das 15. Eidgenössische Scheller- und Trychlertreffen über drei Tage lang Tausende Besuchende ins Zentrum von Menzingen. Rund 3000 Aktive in 150 Gruppen aus allen Kantonen der Schweiz verwandelten den Dorfkern in ein urchiges, geselliges Gemeinschaftsfest, bei dem sich auch Gäste aus Politik und Wirtschaft äusserst volksnah zeigten.

Als Ehrengäste eröffneten OK-Präsident und Kantonsratspräsident Karl Nussbaumer, Gemeindepräsident Andreas Etter, Regierungsrat Heinz Tännler und Bundesrat Albert Rösti mit einer Festrede am Sonntag den letzten Teil der Feierlichkeiten. «Wir in Zug scheffeln nicht nur Geld», sprach Tännler schmunzelnd ins Publikum. «Wir tragen auch eindeutig bei zum Erhalt unserer Tradition in unserem Kanton.»

Von Freitag bis Sonntag war das vielfältige Programm ausgefüllt mit traditionellen und modernen musikalischen Einlagen, Umzügen und gemeinsamen Trychler-Essensrunden, denen sich die Besuchenden anschlossen. «Ein Stück Schweizer Kulturgut wird durch die aktiven Scheller und Trychler hochgehalten», sagte Andreas Etter in seiner Ansprache. Rund 800 Helferinnen und Helfer, zahlreiche Sicherheitsleute, Zivilpolizisten und der Zivilschutz sorgten unter anderem dafür, dass die Feierlichkeiten reibungslos verliefen. «Allein am Samstag hatten wir insgesamt mehr als 5000 Leute in den Zelten», schätzte Karl Nussbaumer.

Junge Menschen pflegen vermehrt Brauchtum

Was im Jahre 1979 mit dem ersten Trychlertreffen im Kanton Schwyz als Jux begann, wurde 2019 offiziell zum eidgenössischen Erlebnis ernannt. Seither veranstaltet das Organisationskomitee das Fest alle drei Jahre in unterschiedlichen Kantonen, dieses Jahr zum zweiten Mal im Kanton Zug. Vor allem jüngere Menschen scheinen heute ein steigendes Bedürfnis nach Heimatgefühl und Schweizer Tradition zu entwickeln. «Wenn ich anschaue, wie viele junge Menschen hier teilnehmen, habe ich keine Angst um das Heimatgefühl», äusserte sich Bundesrat Rösti in einem Gespräch zuversichtlich. «Denn das gehört doch zu unserer Tradition: an bestehenden Werten festzuhalten. Darin ist die Schweiz, mit ihren vier Landessprachen und vielfältigen Kulturen, stark.»

Auch für Julian, 13, aus Einsiedeln und seinen Freund Severin, 15, aus Menznau war die Fahrt nach Menzingen eine Herzensangelegenheit: «Das ist ein echt cooler, urchiger Anlass», sagten die beiden mit leuchtenden Augen über den vorbeiziehenden Umzug. «Wir lieben die Schweizer Tradition und wollen sie pflegen.» Auch für Verena Aschwanden aus dem Kanton Uri hatte das Fest eine spezielle Bedeutung: «Den Klang der Trycheln verbinde ich mit Heimat.»

Dass es Muskeln, Ausdauer und ein kühles Bier brauchte, um als Trychler bei den heissen Temperaturen durchzuhalten, war eindeutig. Denn zwei Trycheln mit Joch wiegen rund 30 bis 35 Kilogramm, der Lärm ist ohrenbetäubend. Trotzdem wurde man das Gefühl nicht los, dass die Trychler beim grossen Umzug durch den Dorfkern sowie dem gemeinsamen Austrychlen am Sonntagnachmittag wie in Trance zu sein schienen. Im Gleichschritt bewegten sie sich an den Menschenmengen vorbei, den Blick fest vor sich gerichtet, die Schweissperlen auf der Stirn kaum wahrnehmend.

Sie bildeten Formationen und rhythmische Einlagen, viele von ihnen ohne den Schutz von Ohrstöpseln. «Es tönt nicht immer so schön, der Klang mit Ohrstöpseln ist anders», meinte dazu Herbie, 64, von den Klein Rigi Trychlern. Manche Trychlergruppe trägt ihre Tradition über Jahrzehnte weiter, wie zum etwa die St. Nikolausgesellschaft Schenkon, die seit 97 Jahren besteht. «Wir haben die Tradition von unseren Vätern und Grossvätern übernommen», sagte der Präsident Marcel Arnold.

Um ein beständiges Heimatgefühl und die Kultur aufrechtzuerhalten, könnte man tatsächlich John F. Kennedy zitieren. Das tat der Zuger Regierungsrat Heinz Tännler zum Abschluss seiner Ansprache tatsächlich: «Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.» (Text von Katarina Lancaster)