Mit einem Abendspaziergang die Schulgeschichte erleben

Brauchtum & Geschichte

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Carl Bossard erzählt anhand Zuger Schulgebäuden die Geschichte und Entwicklung der Primarschulen.

Zug – Am 26. August lud die Kolingesellschaft zu einem schulgeschichtlichen Spaziergang in der Stadt Zug ein. Tourguide war Carl Bossard, ein profunder Kenner der Zuger Schulgeschichte. Bossard ging von den Schulgebäuden aus: Wer das Zuger Neustadtschulhaus oder die alte Kantonsschule Zug, die Athene an der Hofstrasse, betrachtet, staunt über die architektonische Pracht dieser Bauten. Beide weisen Residenz­charakter auf und stehen für Aufbruch und Fortschritt. Beim Neustadtschulhaus führt eine breite Treppe nach oben – die Kinder durchschreiten das grosse Eingangstor, um zur Bildung zu gelangen. Symbol und Auftrag zugleich.

Bossard zeigte, dass der Weg aus der muffig-maroden Schulstube alter Zeiten ins geräumig-grosse Schulhaus des späten 19. Jahrhunderts steil und steinig war. Es dauerte lange, bis die Zuger den Wert und die Wichtigkeit der Bildung erkannten. Lange war die Bildung der Jugend zweitrangig, an erster Stelle stand die Arbeit. Die Kinder waren Arbeitskräfte. Erst mit der Totalrevision der Schweizerischen Bundesverfassung von 1874 mussten alle Kantone die Primarschulpflicht durchsetzen und einen unentgeltlichen Unterricht sicherstellen. Das verstärkte auch in Zug den pädagogischen Wandel, der mit der Helvetik um 1800 eingeläutet worden war. Es ging vorwärts. Das Schulhaus löste überall die alte Schulstube ab. Lehrbücher wurden verfasst.

Uhr läutet Zeiten des Lernens ein

Früher mussten die Kinder oft irgendein Druck-Erzeugnis in die Schule mitbringen, um damit mehr schlecht als recht lesen zu lernen. Neben der Kirche erhielt nun vielfach das Schulhaus eine Uhr. Sie signalisiert die neue Epoche: Das Schulleben geht im Takt – Zeiten der Schule sind Zeiten des Lernens.

Bossard betonte die Leistung der Lehrschwestern im Bildungswesen. Im Schulhaus Maria Opferung schufen Kapuzinerinnen 1657 eine Schule für die Zuger Mädchen – dies auf Bitte des Stadtrates, dass «den jungen Döchteren Schull halten […] ein nutzliches wärkh» wäre. Die Klosterfrauen in Menzingen und in Lindencham bildeten nach 1850 Lehrschwestern aus, welche an öffentlichen Schulen in der Zentralschweiz und darüber hinaus tätig waren. Schon früh wurden auch Frauen aufgenommen, die nicht der Ordensgemeinschaft angehörten.

Für die Kolingesellschaft: Thomas Fähndrich