Komponiert «in simplicitate»

Musik

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Für das 180-Jahr-Jubiläum des Kirchenchores hat Jakob Wittwer eine Messe geschrieben. Und dies auf sehr unkonventionelle Weise.

  • Jakob Wittwer an seiner Hausorgel in Menzingen. Komponiert hat er seine Messe jedoch ohne Instrument. (Bild Stefan Kaiser)
    Jakob Wittwer an seiner Hausorgel in Menzingen. Komponiert hat er seine Messe jedoch ohne Instrument. (Bild Stefan Kaiser)

Neuheim – Man kennt die klassischen Bilder von Komponisten bei der Arbeit: konzentriert an ihrem Klavier sitzend und mit Bleistift oder Feder an der Partitur arbeitend. Eher ungewöhnlich ist die Vorstellung, wie ein Musiker in einem Pinienwäldchen am Meeresstrand sitzt und konzentriert Noten aufschreibt. Einfach so aus dem Kopf. Der in Menzingen wohnhafte Organist und Komponist Jakob Wittwer benötigte keine Klaviatur, als er während seines Urlaubs in der Maremma (Toscana) im vergangenen Jahr eine ganze Kirchenmesse komponierte. «Missa in simplicitate» eine «Messe in Einfachheit» ist entstanden zwar, und in der Tat sind sowohl Harmonik als auch Rhythmik einfach gehalten. Aber dennoch beeindruckt das in nur rund zwei Wochen entstandene, durch und durch wohlklingende Resultat angesichts der frei ohne Instrument notierten Partitur durch Jakob Wittwer. Angesprochen auf diesen unkonventionellen Hergang, gibt sich der 71-Jährige bescheiden: «Mit einem inneren Vorstellungsvermögen für Akkorde und Intervalle ist das machbar.» Das Ansinnen, den klassischen lateinischen Messetext irgendwann einmal zu vertonen, habe er schon länger gehegt, sagt der gebürtige Zürcher, der vor seinem Umzug nach Menzingen 38 Jahre in Horgen als Kirchenmusiker gewirkt hat.

Eine reine Chormesse

Da seine Frau Regula seit bald neun Jahren den Kirchenchor Neuheim dirigiert und dieser heuer seinen 180. Geburtstag feiert, ergab sich beste Gelegenheit, die neue Messe dem Kirchenchor zu widmen und sie selbstverständlich durch ihn höchstselbst uraufführen zu lassen in der Abendmesse am kommenden Samstag, dem Fest der heiligen Cäcilia, der Patronin der Kirchenmusik.

Bei Wittwers «Missa in simplicitate» handelt es sich um eine reine Chormesse, die idealerweise a cappella gesungen oder instrumental höchstens von einer Orgel unterstützt wird. «Der Anspruch an den Chor ist hierbei höher, als wenn ein Orchester eine instrumentale Begleitung spielt», erklärt der Pensionär. Somit kommt die relative Schlichtheit der Komposition dem Chor zugute. Eigentliches Motiv zum verhältnismässig einfachen Arrangement jedoch war für Jakob Wittwer der Bezug zum Cäcilianismus, jener Musikbewegung des 19. Jahrhunderts, die sich der kirchlichen Messe verschrieb, wie sie zu Zeiten Giovanni Pietro Aloisio Santes da Palestrina (15141594) Gepflogenheit war: einfach, klar und ohne die zuweilen opernhafte Aufmachung musikalischer Messen, wie man sie beispielsweise von Mozart, Schubert, Verdi oder Bruckner kennt. Seine Messe folge einem Empfinden, für das der Dienst an der Liturgie vorrangig sei, erklärt Jakob Wittwer.

Starke Wirkung des Textes

«Allein der lateinische Text hat dabei seine Wirkung. Es sind die Würde und die Grossartigkeit dieses Textes und der Sprache, welche das Gültige wiedergibt. Sie verlangt gar keinen aufwendigen musikalischen Rahmen.» Seit Jahrzehnten habe ihn der altehrwürdige Messetext im Innersten berührt, führt der Musiker aus. Seine «Missa in simplicitate» umfasst die fünf Teile des Ordinariums, namentlich Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei.

Tüchtig ist der Kirchenchor Neuheim am Üben. Und dass die eigens ihm gewidmete Messe ihre Wirkung im erhabenen Raum der Pfarrkirche St. Mariae Geburt voll entfalten wird, zeichnet sich bei den ergiebigen Proben ab. Am 22. November, dem Cäcilienfest also, schauen die Chormitglieder auf 180 Jahre Wirken zurück. Der Ursprung liegt im Jahre 1834, als die Neuheimer Frauen und Männer angefangen haben, die Gottesdienste musikalisch aktiv mitzugestalten. Doch ein eigentlicher Verein ist der Chor erst 1898 geworden, als die bisherige Cäcilienbruderschaft in Pfarr-Cäcilienverein Neuheim umbenannt worden ist. Im Zuge dessen wurden Statuten aufgestellt, welche bis 1991 gültig waren. Nach einer Anpassung in besagtem Jahre erfolgte zugleich die Umbenennung des Chores zu Kirchenchor Neuheim. Der Chor erfreut sich einer treuen und engagierten Mitgliederschar und nimmt gerne auch nach 180 Jahren neue Mitglieder auf, welche mithelfen, diese lange Tradition weiterzuführen. (Andreas Faessler)

Hinweis
180 Jahre Kirchenchor Neuheim, Festgottesdienst und Uraufführung der «Missa in simplicitate» am Samstag, 22. November, um 18 Uhr in der Pfarr­kirche Neuheim.