Premiere in der Neubesetzung

Musik

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Das dritte «Sommerklänge»-Konzert umfasste zwei Klavierquartette mit dem Ensemble Chamäleon. Es war zugleich ein gelungener Einstand für den Cellisten Marc Jaermann.

  • Das Ensemble Chamäleon am Konzert im Reformierten Kirchgemeindehaus Baar. Ganz rechts der «Neuzugang» Marc Jaermann. Bild: Stefan Kaiser (21. 7. 2024)
    Das Ensemble Chamäleon am Konzert im Reformierten Kirchgemeindehaus Baar. Ganz rechts der «Neuzugang» Marc Jaermann. Bild: Stefan Kaiser (21. 7. 2024)

Baar – In der Kernbesetzung umfasste das Klaviertrio Ensemble Chamäleon lange Jahre Madeleine Nussbaumer, Klavier, Tobias Steymans, Violine und Luzius Gartmann, Violoncello. Auch die Bratschistin Natalia Mosca hat schon so oft mitgewirkt, so dass sie sich in die Kernbesetzung problemlos einfügt. Nun also der neue Cellist Marc Jaermannn: Musikalisch und spieltechnisch präsentierte er sich neben den Bisherigen ebenbürtig.

Er fand problemlos den oft schwierigen Weg zwischen prägnanter Gestaltung der Themeneinsätze und dazwischen liegenden Begleitfiguren. Er wirkte auch sehr gut vorbereitet – etwas, was man bei den andern Chamäleon-Mitgliedern eigentlich zu Unrecht als selbstverständlich ansieht. Ein interessantes Detail: Marc Jaermann bevorzugte die schnellen Sprünge auch für kurze Tonfolgen in hohen Lagen anstelle von längeren Passagen in der Daumenlage.

Aufwendig einstudierter Goetz

Das Programm im Reformierten Kirchgemeindehaus Baar umfasste zwei zeitlich und musikalisch anspruchsvolle Werke: das Klavierquartett in E-Dur, Opus 6, von Hermann Goetz sowie das Klavierquartett in D-Dur, Opus 23, von Antonín Dvořák. Hermann Goetz (1840–1876) ist der Nachwelt vor allem durch die Oper «Der Widerspenstigen Zähmung» im Gedächtnis geblieben. Gerade die Baarer Aufführung des Klavierquartetts zeigte aber, dass es unter seinen zahlreichen Kompositionen noch viel zu entdecken gibt. Ein weiteres Mal hohe Achtung verdient die aufwendige Einstudierung des vorher auch den Mitwirkenden unbekannten Werkes.

Schon der erste Satz brachte einen wirkungsvollen Kontrast zwischen der lieblichen Gestaltung der Exposition und einer in gleicher Weise harmonisch und spieltechnisch anspruchsvollen Durchführung, die sich ganz am Schluss dann doch zur Synthese fand. Interessant erschien auch der Bezug zwischen dem zweiten und dritten Satz durch die Verwendung gleicher Themen in unterschiedlichen Tempi. Nicht ganz ebenbürtige Qualität an kompositorischer Substanz erreichte bei einmaligem Anhören der etwas zerdehnt wirkende Schluss-Satz.

Das Quartett von Dvořák steht just in jener Lebensphase des Komponisten, als dieser durch die Fürsprache von Johannes Brahms und der Unterstützung durch den Simrock-Verlag in wenigen Jahren von regionaler Bekanntheit zum internationalen Ruhm gelangte. Dahinter stand aber primär seine Leistung als Komponist, der jenen auch im Klavierquartett hörbaren Stil zwischen gefälliger Harmonie und tiefgründigen thematischen Erfindungen entwickelte.

Bescheiden aber klar wirkte das Eingangsthema des Cellos, welches auch bald vom Klavier und der Violine übernommen und bereichert wurde. Fein nachvollzogen gelangen die Freiheiten der von Dvořák vorgezeichneten Tempowahl, so wie die Wechsel geradzahliger und ungeradzahliger Motive durch die Vermischung bis zur Dreisätzigkeit. Interessant, dass sich die Viola-Stimme nur wenig daran beteiligte, obwohl Dvořák über viele Jahre zuvor sein bescheidenes Einkommen als Bratschist in Tanzkapellen und im Opernorchester verdient hatte. War das ein unbewusster Schlussstrich vor einer neuen Lebensetappe? (Text von Jürg Röthlisberger)