Pop-Perlen mit Tiefgang
Musik
Pilomotor aus Zug und Luzern schreiben Indie-Pop-Hits am Stück. Doch noch nie klang dies so gut wie auf ihrem neuen Album.
Zug – Langsam ziehen Synthie-Klänge in den Raum, verdichten sich, leicht dissonante Töne kommen hinzu – es erinnert etwas an das Einstimmen eines Orchesters vor einem Konzert. Und dann, nach einer knappen Minute, ist es da, das neue Album «Imaginary Friend» von Pilomotor, und setzt mit «Surrender» die Messlatte gleich hoch an.
Ein druckvoller Song, der mit seinen Gitarren und dem leichten Hall akustisch die ganze Breite auslotet und sich dem Hörer mit seiner kraftvollen Präsenz und seinem Sog auf eine angenehme Art aufdrängt. An Letzterem ist Guido Schillligers Stimme, die hier das Auseinanderbrechen einer Beziehung besingt, nicht unbeteiligt: Sie hält, teils mehrstimmig unterstützt von der Band, scheinbar mühelos mit der Power der Instrumente mit. Als ob sie sich nochmals mit letzter Kraft gegen das Erlöschen der Liebe zum besungenen Gegenüber stemmen möchte.
Vollgepackt mit Indie-Pop-Perlen
Das sind Pilomotor, wie man sie von den bisherigen beiden Alben «The Magic Hour» (2009) und «Fragments» (2011) kennt und schätzen gelernt hat. Nur: So gut klangen sie noch nie. «Imaginary Friend» ist die leicht poppigere Weiterentwicklung der bisherigen Klanglandschaft der Band aus Zug und Luzern und mit seinen 14 Songs für diese Art von Musik reichlich vollgepackt.
Doch nach mehrmaligem Durchhören möchte man keinen einzigen der Songs mehr missen, denn die berüchtigten Durchhänger sucht man hier vergebens. Diese Platte ist vollgepackt mit Indie-Pop-Perlen, von denen sich dem Hörer aber nicht gleich auf Anhieb alle so einfach erschliessen wie beispielsweise «Surrender». So stehen die ruhigeren, balladesken Lieder wie «Submarine», «Everything» oder «The Palace» anfänglich etwas im Schatten der Powerpop-Hits wie «On and on and on» oder «Keeps on Raining».
In die Tiefe geht es erst später
Pilomotor verstehen es mittlerweile hervorragend, eingängige Melodien zusammen mit starken Arrangements und tollen Texten in ein stimmungsvolles Songwriting zu packen. Und so gelingt ihnen auf «Imaginary Friend» der Spagat zwischen Zugänglichkeit und Langzeitwirkung, an dem viele andere Bands ihrer Couleur immer wieder scheitern. Im ersten Moment mögen die Lieder von Pilomotor zu eingängig klingen, als dass man ihnen grosse Tiefe zutrauen würde. Doch spätestens, wenn man sich ihrer Musik mit qualitativ guten Kopfhörern widmet, wird man unweigerlich eines Besseren belehrt. Da entdeckt man plötzlich solch schöne Details wie eine zuvor überhörte, sanfte Gitarrenmelodie oder dezente Klavierklänge, die den Song mittragen helfen.
Daran nicht ganz unschuldig ist sicherlich auch Andreas Ahlenius, der schwedische Produzent, der schon mit Saybia und Dada Ante Portas zusammenarbeitete, den Pilomotor für ihr drittes Album herbeigezogen haben. «Ahlenius ging mit viel Feingefühl vor und hat uns technisch stark in den Arrangements und der Auswahl der Instrumente unterstützt», erklärt der Zuger Gitarrist Nino Izzi. Aufgenommen wurde das Album in den legendären PUK-Studios in Dänemark, in denen auch schon Depeche Mode und Elton John ihre Songs einspielten, und im bandeigenen Studio und Proberaum in Steinhausen. Trotz all der professionellen Unterstützung – oder gerade deswegen – erwiesen sich die Aufnahmen zu «Imaginary Friend» als schwierig.
Ohne Plan
«Der Prozess war für die ganze Band ein emotionales Auf und Ab», sagt Izzi. «Mehr als einmal kamen wir an unsere Grenzen.» Das liege zum grossen Teil aber daran, dass Pilomotor an sich selber hohe Erwartungen richten. «Wir können extrem pingelig sein; gerade wenn es um Details geht, muss für uns alles stimmen», so der Gitarrist. Das habe dazu geführt, dass das Abmischen der Songs anstatt der geplanten vier Wochen sich über ganze drei Monate hinzog.
Doch die Mühen haben sich hörbar gelohnt, das dritte Album der Band wirkt wie aus einem Guss und präsentiert sich doch sehr abwechslungsreich. Die kreative Schaffenskraft und das Selbstbewusstsein, die Pilomotor mit «Imaginary Friend» an den Tag legen, haben längst internationales Potenzial. Doch kalkuliert ist das nicht. «Pläne, wohin es mit unserer Musik gehen soll, gibt es bei uns nicht», sagt Nino Izzi. «Wir schreiben leidenschaftlich gerne Songs, die in erster Linie nur uns gefallen müssen. Es ist schön, wenn sich andere davon auch angesprochen fühlen, aber nur um mehr Aufmerksamkeit zu erlangen, verändern wir uns nicht.»
Verlosung zur Release-Party
Am Samstag, 9. November, taufen Pilomotor ihr neues Album «Imaginary Friend» in der Galvanik in Zug (Details im Veranstaltungseintrag). Zug Kultur verlost zwei Eintritte inklusive je eines Exemplars des neuen Albums. Und so geht es:
Like die Facebook-Seite von Zug Kultur (www.facebook.com/zugkultur) und verfasse dort einen Kommentar mit deinem vollen Namen zum Post über die Plattentaufe von Pilomotor. Teilnahmeschluss ist der 7. November um 12 Uhr.
(Andreas Oppliger/Zug Kultur)
Dieser Artikel wurde im Zug Kultur Magazin Nr. 04/2013 veröffentlicht.