«Wollte nicht mehr in den USA leben»

Dies & Das

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Er ist Schauspieler, Musiker und Fotograf: Carlos Leal ist diesjähriger Preisträger des Genuss-Film-Awards. Ein Interview über seine Band Sens Unik, Hollywood und gemeinsame Abendessen.

  • Nach 15 Jahren in Los Angeles ist Carlos Leal wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Bild: Pius Amrein (Zug, 18. 9. 2025)
    Nach 15 Jahren in Los Angeles ist Carlos Leal wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Bild: Pius Amrein (Zug, 18. 9. 2025)

Zug – Carlos Leal, wir erreichen Sie in der Toskana. Was treiben Sie dort?

Ich habe in den letzten Monaten viel gearbeitet und dringend eine Pause gebraucht. Jetzt bin ich ein paar Tage zu Besuch bei einem Freund, einem Schweizer Filmproduzenten, der hier gerade eine Dokumentation über ein Dorf dreht und diese demnächst am Zürich Film Festival präsentieren wird.

Sie sind kürzlich in die Schweiz zurückgekehrt, nach 15 Jahren in Los Angeles.

Ja, ich wohne seit drei Wochen in Zürich. Im Jahr 2025 in Amerika zu leben, das wollte ich nicht mehr, weder für mich noch für meine Kinder. In Amerika dreht sich alles ums Geld und die Karriere – das stimmt für mich nicht mehr. In Europa hat man einen anderen Blick aufs Leben. Es geht nicht nur um Arbeit, sondern auch ums Geniessen.

Als Schauspieler haben Sie Hollywood aber auch viel
zu verdanken.

Amerika war gut für meine Karriere. Ich habe mit Leuten wie Al Pacino und Mark Wahlberg zusammengearbeitet – als Schweizer Schauspieler habe ich den «American Dream» gelebt. Aber Hollywood ist viel zu stark damit beschäftigt, den Wunsch nach Geld zu wecken und uns glauben zu machen, dass Amerika besser ist als alles andere. Ich bedauere die Zeit nicht und werde auch künftig in Hollywood arbeiten, aber jetzt ist der Moment gekommen, zu meinen Wurzeln zurückzukehren.

Apropos Wurzeln: Sie spielten im Sommer mit ihrer alten Band Sens Unik an mehreren Festivals. Wie war das?

Ursprünglich wollten wir einfach ein paar Konzerte spielen und Spass haben. Jetzt ist die Sache grösser geworden als erwartet, sogar Clubs melden sich bei uns. Womöglich spielen wir noch weitere Konzerte. Aber wir haben keinen Druck: Wir müssen keine Nummer-1-Band werden, müssen nicht am Radio gespielt werden.

Hatten Sie keine Bedenken, dass sich niemand mehr für Sens Unik interessieren oder die Musik nicht mehr zum Heute passen würde?

Deshalb haben wir hart an uns gearbeitet. Ich lüge nicht: Das Publikum hatte wirklich Spass an den Konzerten und feierte mit uns. Die Texte sind immer noch stark, die Songs funktionieren heute so gut wie früher. Die Welt hat sich vielleicht gar nicht so stark verändert.

Gibt es bald neues Sens-Unik-Material?

Vielleicht. Darüber denken wir im Moment aber nicht nach. Für eine Reunion ist es am besten, mit dem Flow zu gehen.

Schauspieler, Musiker und Fotograf: Als was sehen Sie sich eigentlich?

Nach 120 Rollen betrachte ich mich als Schauspieler. Musik
ist etwas aus meiner Vergangenheit. Ich bin kein Rapper, sondern nur der Rapper von Sens Unik, einer Band, die jetzt wieder da ist. Und die Fotografie gibt mir die Möglichkeit, meine Meinung über die Welt um mich herum zu äussern. Als Schauspieler vertrete ich ja nicht zwingend meinen eigenen Standpunkt.

Nun wurden Sie mit dem
Genuss-Film-Award ausgezeichnet. Was bedeutet
Ihnen das?

Jeder Award ist ein Geschenk. Er zeigt: Man ist nicht unsichtbar. Leute schätzen die Arbeit, die man macht. Das bereitet einfach Freude. Und das Genuss Film Festival hat einen guten Ruf.

Am Festival geht es auch um den kulinarischen Genuss. Sind Sie ein Geniesser?

Oh ja, ich bin ein «Foodie» und ein «Wine guy». Ich habe eine Tradition, Leute zu mir zum Abendessen einzuladen. An einem Tisch über die Menschheit, Politik und Kunst zu sprechen, das ist einfach perfekt. Ich achte dabei darauf, dass sich die Leute, die ich einlade, nicht alle kennen und aus verschiedenen Gesellschaftsschichten kommen. Bei mir sass auch schon eine Nanny aus Mexiko neben einem Star-Architekten aus Los Angeles. Da ergeben sich interessante Verbindungen. Wenn sich die Leute wohlfühlen, dann öffnen sie sich.

Haben Sie schon einmal
daran gedacht, ein Restaurant zu eröffnen?

Ich bin kein Unternehmer, ich habe Ideen. Ein Restaurant zu
finanzieren und zu managen, ist nicht einfach. Das würde ich wohl nicht schaffen. Aber zusammen mit einem Partner einen Ort zu gestalten, an dem sich die Leute mischen und ich Zeit mit ihnen verbringen könnte – das wäre ein Traum. 


(Interview: Tobias Söldi)