Dies war mal eine berüchtigte Unfallstrecke

Dies & Das

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Man nimmt ihn heute als lauschiges kleines Tobel wahr: Doch einst war der Blickensdorfer Stich eine von Fuhrleuten gefürchtete Stelle.

Baar – Vom Netz historischer Handels- und Verkehrsrouten in der Schweiz sind noch heute zahlreiche Überbleibsel in der Landschaft vorhanden, welche von den einstigen Wegverläufen zeugen. Auch im Kanton Zug existieren deren mehrere, welche glücklicherweise im Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS) sauber dokumentiert sind, um sie der Nachwelt zu erhalten. 

Ein solches Relikt in unserer Region ist der sogenannte Blickensdorfer Stich. Er war Teil der alten Verbindung von Zug via Baar und Hausen am Albis nach Zürich. Diese Verkehrsachse ist bereits auf einer erhaltenen Landkarte von 1667 vermerkt. Heute präsentiert sich dieser «Stich» als reizendes kleines Tobel im ansteigenden Gelände zwischen Blickensdorf und der Aberen. Exakt da, wo die Räbmatt die Alte Kappeler­strasse kreuzt, beginnt respektive endet dieser kurze bis zu dreieinhalb Meter tiefe Hohlweg im kleinen, lang gezogenen Wäldchen, gegen Osten hin begrenzt durch einen markanten, spitz zulaufenden Böschungskamm. Einst als Saum- und Fahrweg genutzt, berichten alte Aufzeichnungen, dass dieser Wegabschnitt sehr gefürchtet war. Immerhin beträgt die Steigung hier bis zu 23 Prozent, was für einen unmotorisierten Verkehr auf Naturboden eine gefährliche Herausforderung bedeutete.

Eine Begehung durch die Strassenkommission im Jahre 1834 brachte offiziell die Erkenntnis, dass der Wegzustand im Blickensdorfer Stich prekär sei, nachdem durch das ständige «Hemmen» (Bremsen) hier die Wegoberfläche stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Man stelle sich vor: Mit schwer beladenen Fuhrwerken passierte man diese Stelle einst täglich. Dabei wirkte stets grosser Schub von oben, sodass sich durch das Abbremsen hier der Wegabschnitt so markant geformt hat. Mehrere Unfälle mit zuweilen schweren Folgen dürften sich an dieser Stelle einst ereignet haben, weshalb endlich die Diskussion um eine neue Kunststrasse aufkam.

Schliesslich wurde um 1843 die heutige Hauptachse von Baar nach Kappel und Hausen durch die Bachtalen ca. 300 Meter weiter westlich angelegt, um den gefürchteten Hohlweg zu umgehen. Obschon sich der Bau der neuen Hauptstrasse im felsigen Gelände für damalige Verhältnisse als aufwendig erwies, war die Bachtalen durch die geringere Steigung ein wesentlich weniger gefährlicher Geländeabschnitt für den Handelsverkehr als der Blickensdorfer Stich und der oben sich anschliessende Rüteliwald. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frühere Beiträge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut