Monströs und sinnlich zugleich

Dies & Das

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Die Bronze-«Weiber» von Rudolf Blättler im Zuger Berglipark sind in sich gegensätzlich. Und werden zum Sinnbild.

  • Die Skulptur «Dreiweib» von Rudolf Blättler im Berglipark in Zug. (Bild Stefan Kaiser)
    Die Skulptur «Dreiweib» von Rudolf Blättler im Berglipark in Zug. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Seine Figuren sind von Üppigkeit und Wulstigkeit geprägt, Lippen, Nasen, Extremitäten und andere Körperteile sind häufig überproportional ausgeformt, sodass sie in einem gewollten Missverhältnis zueinander stehen und in ihrer äusserlichen Beschaffenheit an das Erscheinungsbild der Elefantiasis erinnern.

Der Nidwaldner Künstler Rudolf Blättler (*1941) ist mit seinen charakteristischen figu­ralen Werken im Kanton Zug mehrfach im öffentlichen Raum vertreten. Zwei davon sind Teil der künstlerischen Gestaltung des Zuger Bergliparkes. Das «Grosse Weib» ist eine nackte stehende Frauenfigur mit massigen Formen und übergrossen Händen und Füssen. Sie ist knapp 2 Meter hoch und steht auf der mittleren Parkebene am Ende der Lichtung südlich vom Spielplatz Guggiwäldli. Noch ­bemerkenswerter ist Blättlers zweite Bronzeplastik auf der unteren Parkebene, das sogenannte «Dreiweib». Es sind drei Frauenfiguren – augenscheinlich von genau selber Art wie das «Grosse Weib» einen Steinwurf davon entfernt – die Rücken an Rücken und Kopf an Kopf lehnend dasitzen, die Beine angewinkelt und im Grundriss mit ihren monströsen Füssen einen Kreis bildend. Durch ihre Position scheinen sie sich gegenseitig zu stabilisieren und wirken wie eine in sich gefestigte, unerschütterliche Einheit.

Widersprüchlichkeiten des Lebens

So grobschlächtig die drei ­Frauen wirken, so strahlen sie gleichzeitig eine wilde Urtümlichkeit und (sexuelle) Kraft aus. Und obschon ihre extremen Körperformen im Grunde allem anderen als den heute als Schönheitsideal empfundenen Normen entsprechen, wirken die drei Frauenfiguren doch gewissermassen sanft und sinnlich – sei es durch ihre Haltung, ihre Nähe zueinander oder ihre Blösse, die alles freigibt.

Die Oberfläche der Frauenfiguren scheint zum einen zart und weich, was sich zum anderen jedoch mit grob behauenen Stellen und tiefen Furchen abwechselt.

Diese ausgeprägten Gegensätzlichkeiten stehen in Blättlers Kunst metaphorisch für die Widersprüchlichkeiten des Lebens. Für Rudolf Blättler bedeutet das «Weib» die Urform der Skulptur. Als zentrales Thema begleitet es ihn und sein Schaffen bereits seit den 1980er-Jahren.

Eine Dekade später kam auch das Thema des Mannes dazu. Der Künstler schuf eine Reihe an Mann-Weib-Plastiken. Für sein Werk ist der heute in Luzern lebende Rudolf Blättler wiederholt ausgezeichnet worden. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.