«Die Welt braucht mehr Poesie»

Theater & Tanz

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Das fahrende Varieté Caleidoskop feiert Premiere – mit der Zuger Musikerin Claudia Kienzler am Steuer.

  • Christoph Spielmann und Claudia Kienzler beim «Schreibmaschinen-Duett». Bild: Stefan Kaiser
    Christoph Spielmann und Claudia Kienzler beim «Schreibmaschinen-Duett». Bild: Stefan Kaiser

Zug – Der bunte Fleck im Siehbach ist das kleine Zelt mit den rundherum gruppierten Zirkuswagen. Draussen tippt Prinzipalin Claudia Kienzler auf einer alten Schreibmaschine die Tickets aus. Das Gerät weckt mit dem bekannten Tacken sofort Erinnerungen an früher. Drinnen erwartet am Donnerstagabend, 11. Mai, die Gäste das Programm des Varietés Caleidoskop, das mit Musik und Artistik in die Bücherwelt führt, inklusive Kulinarik.

Das fünfköpfige Team erscheint, umrahmt von Bergen von Papier, unter dem Geräusch tippender Schreibmaschinen. Es wird viel geschrieben und gelesen, Bücherberge tauchen auf, es geht ums Schreiben und Erfinden von Geschichten. Der «Professor» (Martin Imhof), der auch Keyboard spielt, lässt mit seinen Zitaten aufhorchen, wie dem: «Was ist wahr? Was wird morgen sein?»

Ein halbes Jahr auf Tournee

Nach dem Hauptgang geht es richtig los: Ines Valarcher bezaubert mitten im Publikum mit einer Trapeznummer und zeigt kunstvolle Akrobatik auf zwei Bücherstapeln, musikalisch umrahmt von den vier anderen des Teams. Nicolas Stroet brilliert mit einer Jonglage, und für feinen Humor sorgt Komiker Christoph Spielmann. Seine ratternde Schreibmaschine schafft es mit der Geige von Claudia Kienzler im Duett zu einer bekannten Melodie. Sogar das Knistern und Reissen des Papiers wird zu rhythmischen Klängen.

Das kleine Zelt bietet einen intimen Rahmen für die fünf, die mit Artistik und witziger Mimik in die Bücherwelt eintauchen. Sie reihen bezaubernde Momente aneinander – ohne Glanz und Glimmer, dafür mit Poesie und Musik, die von Blues, Rock und Pop bis zur Klassik reicht. Besondere Akzente setzt die Geigerin Claudia Kienzler.

Seit drei Jahren Leiterin des fahrenden Varietés

«Die Welt braucht mehr Poesie», sagt tiefsinnig der «Professor» und ergänzt: «Das ist eine Geschichte ohne Ende, wir alle schreiben weiter.» Ja, es wird ein weiteres Kapitel aufgeschlagen, denn Claudia Kienzler sagt zuletzt: «Das ist die erste Premiere von uns in Zug, wo wir bis 28. Mai bleiben. Danach folgen rund 90 Vorstellungen in Bern, Kriens, Birsfelden.» Mit grossem Applaus bedankt sich das Publikum beim Team, zu dem sich auch dasjenige der Küche sowie Regisseur Philipp Boë gesellen.

Seit drei Jahren leitet die Zuger Musikerin das fahrende Varieté mit total rund 20 Personen. Nach der Premiere zeigt sie sich erleichtert: «Nach fünf Wochen Proben plus Vorlauf bin ich zufrieden. Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, wir waren alle gespannt, wie das Premierenpublikum reagiert.» Das Programm 2023, das sich um die Bücherwelt dreht, habe eine Kerngruppe mitgestaltet. Ein weisses Blatt erlaube eine Palette an Möglichkeiten für Geschichten. «Es braucht Mut, um alles auszudrücken, was man denkt. Es geht nicht um eine Botschaft, lieber halten wir einen Spiegel vor, so kann der Einzelne überlegen, was ihn berührt.»

Eine Lebensform mit Freiheit

Claudia Kienzler fährt fort: «Viel muss stimmen, dass alles funktioniert, wie das Timing mit der Küche. Ich habe die Vision und den tiefen Wunsch, dieses Kulturgut zu erhalten.» Für sie sei das fahrende Varieté mit einer Lebensform verbunden, die eine gewisse Freiheit beinhalte. Im Zirkuswagen lebe man draussen mit der Natur, auf engem Raum, mit dem was man brauche, und das sei wenig.

Während sechs Monaten ist sie auf Tournee, in der übrigen Zeit ist sie als Konzertgeigerin aktiv und unterrichtet nebenher an der Hochschule Luzern – Musik. Mit dem Varieté-Theater ist sie vor 23 Jahren in Zug in Kontakt gekommen, als sie als Gymnasiastin im damaligen «Chaos» gearbeitet hat. Schon lange engagiert sie sich im Kulturleben. Vor einigen Jahren leitete sie die Galvanik, und jetzt ist es ein fahrendes Varieté-Theater. Dafür braucht es Mut, Engagement, Leidenschaft und die Bereitschaft, auf manchen Komfort zu verzichten. (Text von Monika Wegmann)

Hinweis

Das Varieté Caleidoskop spielt bis 28. Mai im Siehbachareal in Zug. Daten und weitere Infos unter www.caleidoskop.ch