Jeder Schnitt verlangt Yves Scherers Konzentration

Kunst & Baukultur

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Der Zuger zeigt in der Unteraltstadt seine Papierschnitte – im Zentrum steht die Natur.

  • Entführt in seine faszinierenden Paperwelten: der Zuger Künstler Yves Scherer. (Bild Stefan Kaiser)
    Entführt in seine faszinierenden Paperwelten: der Zuger Künstler Yves Scherer. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Das schöne Altstadthaus zur Meise erlebt zurzeit eine Übergangsphase, denn der kleine Galerieraum unten soll von der Stadt Zug, der Besitzerin, demnächst umgebaut werden. Doch in der Zwischenzeit darf Yves Scherer ihn nutzen und bis September seine kunstvollen Papierschnitte zeigen.

Übergänge oder Transformationen, wie Scherer sagt, das sind seine Themen. Vor allem bei den neueren, grösseren Arbeiten. «Hier setze ich meine inneren Bilder und Gedanken um», erklärt er. Seine Inspirationsquelle sei die Liebe zur Natur. Daraus schöpft er seine eigenwilligen, ornamentalen Sujets, bei denen es um körperliche, geistige oder spirituelle Weiterentwicklung geht.

Doch wie kam der in Zug geborene Künstler und visuelle Gestalter zum Papierschnitt? Scherer im blauen Kittel hat seine ergrauten Haare im Nacken zusammengebunden, er lacht: «Vor rund 25 Jahren musste ich für eine Firma eine Verpackung kreieren, und gewünscht wurden Papierschnitte der Produkte.» Schon damals habe ihn das Papier als Material fasziniert. Angefangen habe er mit einfachen Motiven mit figurativen Tieren und Pflanzen.

In der Ausstellung ist eine Auswahl der ersten filigranen Arbeiten zu sehen, die – wie er versichert – anatomisch korrekt eine Honigbiene und andere Insekten zeigen. Interessant sind auch die beiden Porträts indigener Menschen, die nach Fotografien entstanden sind.

Schneiden und Kleben sind schwierig

Ein weiterer Schritt sei das mehrschichtige Arbeiten geworden. Der Ast eines Preiselbeerstrauches steht hier als Beispiel: Das Hauptmotiv ist in einem Stück aus schwarzem Karton geschnitten. Durch das Hinterlegen von rotem Papier erhalten die Preiselbeeren Farbe und mittels weissen die Blüten. Die grösseren Werke sind erst in den letzten drei Jahren entstanden. Für die ornamentalen Kreationen inspirieren ihn keltische oder indigene Quellen. Da fliessen seine Gedanken ein, weil ihm Klimawandel und Naturzerstörung Sorgen bereiten: «Der Falter hier hat sich schon aus der Raupe entwickelt und fliegt nun als neues Wesen auf einen strahlenden Punkt hin», so Scherer, den der Gedanke an solche Transformationen fasziniert.

Auch das Skalpell kommt zum Einsatz

Das Werk daneben mit seinen filigranen Elementen lässt bei näherer Betrachtung seine unglaubliche Schnittfertigkeit erkennen, die nicht mit der Schere, sondern mit dem Skalpell erfolgt. «Die Arbeit bedingt nicht nur beim Schneiden, sondern vor allem beim Kleben der feinen Teile Präzision, Konzentration und viel Geduld. Ich kann mich darin für einige Stunden versenken.»

Meist arbeitet er an zwei bis drei Sujets gleichzeitig. Aus der Idee folgt eine Zeichnung wie bei der Eiche. Dann überlege er, welche Papierfarben zu den Insekten und Wildtieren rund herum passten. Mit dem Motiv verweise er darauf, wie wichtig ein solcher Baum auch für Insekten und Wildtiere sei. Scherer: «Wir müssen alle lernen, mit der Natur im Einklang zu leben.»

Auch er hat quasi eine Transformation hinter sich, denn die Papierschnitte sind eher ein meditatives Hobby, das ihn bestärkt hat, sich vermehrt mit Naturthemen zu befassen: Heute beschäftigen ihn neben der Grafik intensiv die Heilpflanzen, er wirkt als Dozent an den Naturheilkundeschulen von Luzern und Bern und führt Kräuterwanderungen durch. (Text von Monika Wegmann)

Hinweis Die Ausstellung der Papierschnitte von Yves Scherer an der Unter Altstadt 16 in Zug dauert bis 10. September (Finissage ab 11 Uhr), offen werktags von 9 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr.