Die Natur zum Vorbild genommen
Kunst & Baukultur
In der Galerie Billing in Baar stellen mit Matthias Moos und Margrit Fischer-Hotz zwei Generationen ihre Kunst vor.
Baar – Als Matthias Moos (40) während des Lockdowns draussen in der Natur Vogelschwärme beobachtet und mit der Kamera experimentiert, wird er von einer älteren Dame angesprochen, die sich für seine Arbeit interessiert. Sie sei auch künstlerisch tätig, sagt sie. So lernt er Margrit Fischer-Hotz (83) kennen, die jetzt mit ihm gemeinsam die Galerie Billing in Baar bespielt. Am letzten Wochenende wurde die Doppelausstellung «Von Wellen und Teilchen» eröffnet.
Für die Wellen aus dem Zugersee sorgt Matthias Moos mit digitaler Kunst in Form von filmischen und fotografischen Arbeiten in verschiedenen Grössen. Auf drei langen Pigmentdrucken hat er mit Zeitlupe einen Schwarm Möwen gefilmt, wie er sich bewegt. «Auch sie haben ihren eigenen Rhythmus», stellt er fest. Die blautönigen Farben auf den Drucken seien so in der Natur, hier greife er möglichst wenig ein, «ich arbeite nur mit dem Kontrast».
Experimentieren mit Pixeln
Für die Serie «Wave Scanner» filmt der Zuger die Wasseroberfläche des Zugersees. Daraus zeigt er poesievolle Momente, denen durch die experimentelle Bearbeitung auch eine Prise Humor innewohnt. Schaut man genau hin, erheben sich von der Kugel, die im Wasser schwimmt, wellenartige Schatten, die plötzlich einen Vogel erkennen lassen, der wegfliegt. Matthias Moos schmunzelt über die überraschte Reaktion der Beschauerin. «Mit der Slit-Scanning-Technik kann ich von den Zeitlupensequenzen aus dem Film Reihenpixel neben- oder übereinander laufen lassen, sodass sie wie eine Collage vom Zeitablauf wirken», erklärt der Künstler.
«So will ich zeigen, was über die Zeit passiert.» Und er ergänzt: «Mich interessieren die Effekte von visuellen Algorithmen der Wellensituationen auf dem Wasser. Es geht mir jedoch nicht um den Effekt an sich, sondern um den physischen Prozess dahinter, ähnlich wie bei einer Schallwand.» Sein Interesse begründet er damit, dass er von der Medienkunstausbildung her ursprünglich vom Klang komme. Ihn fasziniere und reize auch die Farbenvielfalt, die entstehe, «weil ich nur eine Reihe Pixel gestreckt habe». Die Software für dieses Programm hat er selber geschrieben. «In Zukunft will ich mehr ausarbeiten, was passiert, wenn der Schall zurückkommt», so der Künstler.
Ein Werk von zehn Metern Länge
Und Margrit Fischer-Hotz (83) – die Teilchen lassen sie einfach nicht los. Täglich sitzt die Zugerin vor allem nachts stundenlang am Tisch und malt akribisch ihre Motive mit Teilchen, blitzenden Planeten, umrahmt von Blumen und Schmetterlingen, Sujets, die sie aus Physik und Naturwissenschaft schöpft und mit der Natur verbindet. «Die Welt ist nicht nur so, wie wir sie sehen», sagt die Künstlerin eindringlich. In der Ausstellung sind vorwiegend neue Malereien in Naturfarben und Tusche auf Leinwand und Papier sowie originell gestaltete Schuhobjekte und Ketten zu sehen. Das grösste Werk ist rund zehn Meter lang, weshalb man von der bemalten Leinwand nur einen Teil sieht, der Rest ist in der Rolle verborgen, wird aber auf Wunsch präsentiert.
Selbst ihr Sohn Philipp Fischer staunt über die «unglaubliche Leidenschaft», mit der sie ihre Malerei betreibe. «Sie ist unermüdlich, und wie man sieht, nimmt sie noch immer regen Anteil an der Gesellschaft und den Problemen in der Welt», würdigt er das Wirken seiner Mutter. Inspiriert wurde Margrit Fischer-Hotz durch die Ehe mit einem inzwischen verstorbenen Physiker. Seit rund 20 Jahren widmet sie sich intensiv ihrer Kunst, sie hat längst einen unverwechselbaren Stil entwickelt, mit dem sie immer wieder auf die Schönheit der Natur verweist. (Monika Wegmann)
HinweisAusstellung «Von Wellen und Teilchen»; bis 9. Januar 2022, Galerie Billing, Haldenstrasse 1, Baar: Mo, Do, Fr 14–18 Uhr, Sa 10–16 Uhr.