Mit «Föhnfrisur & Koteletten» in die Siebziger

Musik

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Die Musikgesellschaft Menzingen lud zu ihrem Jahreskonzert unter dem Motto «Föhnfrisur & Koteletten».

  • Die Musikgesellschaft Menzingen brachte das Publikum zurück in die Siebzigerjahre.Bild: Stefan Kaiser (Menzingen, 16. 3. 2024)
    Die Musikgesellschaft Menzingen brachte das Publikum zurück in die Siebzigerjahre.Bild: Stefan Kaiser (Menzingen, 16. 3. 2024)

Menzingen – Die Mehrzweckhalle Schützenmatt in Menzingen ist riesig – eine Turnhalle. Doch sie füllte sich fast ganz: Es schien, als sei das halbe Dorf gekommen, und zwar alle Generationen, um das Jahreskonzert der traditionsreichen Musikgesellschaft Menzingen mitzuerleben. Diese wurde 1811 gegründet und ist somit der älteste Musikverein des Kantons Zug. Das Durchschnittsalter der rund 35-köpfigen Formation liegt indes bei 38 Jahren, gemäss Website.

Um Punkt acht hob sich der Vorhang, und ab dann gab es wirklich etwas zu erleben für Jung und Alt, denn die Musikgesellschaft nahm alle mit auf eine Reise zurück in die 1970er-Jahre.

Unruhige, doch kreative Zeit

Nach einem nachdenklichen Anfang, dem britischen Marsch «Arnhem» von A. E. Kelly, erklärte Präsident Tom Magnusson, was es mit «Föhnfrisur und Koteletten» auf sich hatte: Diese für die Siebzigerjahre typische Männerfrisur evoziere eine unruhig-kreative Zeit. Eine Zeit politischer Proteste und der Hippie-Kultur, des technologischen Fortschritts und der Ölkrise, des Endes des Vietnamkrieges und der Hochblüte des Musicals, und so weiter.

Und so erklangen ein paar der eingängigsten Songs aus dem bizarren Science-Fiction-Musikfilm «The Rocky Horror Picture Show» (von Richard O’Brien). Zuerst eine sanfte Melodie mit schönem Grundbeat, dann wurde es schneller und heftiger, und bereits klopften einige Zuschauer den Rhythmus auf die Tische. Besinnlichere Intermezzi wurden von wunderschönen Hörner-Melodien getragen, während im Saal über den Köpfen eine Discokugel lichterfunkelnd zu drehen begann. Stimmung pur.

Das dritte Stück «Eleni», ein Hit der niederländischen Brüder Cees und Thomas Tol, der einst in den internationalen Charts figurierte, stellte mit seiner fast hymnischen Majestät zunächst die Saxofone in den Vordergrund und liess hören, wie gut der Klangkörper der Musikgesellschaft zusammen funktionierte: Links Trompeten, Hörner und Klarinetten, rechts Querflöten, Saxofone und Eufonien, und im Hintergrund die Posaunen, Tuben und das Schlagzeug.

Die Stücke wurden von Aldo Staub angesagt, der seinen Job mit spielerischem Humor erledigte. Vor der Pause waren dies der Ohrwurm «Help Yourself», nach einem Lied von Tom Jones, und «Take Five» von Paul Desmond.

Nach der Pause grosser Umbruch: Alle Musizierenden erschienen in derart abenteuerlichen Kostümen und Perücken, dass im Saal ein raunendes Lachen durch die Reihen ging. Man konnte sich kaum sattsehen an den bunten Hawaiihemden und Glitzerwesten, Brillantine-gefestigten Haartollen und Stirnbändern, Zylindern und Sonnenbrillen. Im warmen Bühnenlicht eine wilde Dschungel-Atmosphäre. «Die Siebziger waren eine farbige Zeit», so Staub am Mikrofon.

So bunt wie das Outfit gestaltete sich auch die Musik des zweiten Teils, von Melodien aus dem Musical «Grease» (Warren Casey und Jim Jacobs) über den spanischen Paso doble «Cielo Andaluz» (Pascual Marquina) bis zum «Böhmischen Traum» (Norbert Gälle). Gelegenheiten für Einlagen einzelner Instrumentengruppen.

Dirigent Giovanni Capelli aus Oberitalien war so etwas wie das visuelle Leitmotiv des Abends. Sehr jung, schlaksig, mit schwarzem Wuschelhaar, im zweiten Teil in Frack und Maske, schlug er vor jedem Stück weithin sichtbar mit dem Stab den Takt auf die linke Hand, hob die Arme zu grossartiger Geste und – los ging’s.

Der Posaunist und Musiklehrer aus Albino bei Bergamo hatte das Orchester im Griff. Am Ende stellte er jeden einzelnen der «Musikgesellschaft-Familie» mit Namen und Instrument vor. Das Publikum erklatschte sich begeistert zwei Zugaben. (Text von Dorotea Bitterli)