50 Jahre im Zeichen der Kulturförderung

Dies & Das

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Die 1971 gegründete Landis-&-Gyr-Stiftung war eine der ersten in der Schweiz, die sich gezielt auf den Kulturbereich fokussierten.

  • Aus dem Fotoarchiv der Stiftung: Ankunft der Plastik «Standing Figure: Knife Edge». (Bild PD/Matthias Jurt)
    Aus dem Fotoarchiv der Stiftung: Ankunft der Plastik «Standing Figure: Knife Edge». (Bild PD/Matthias Jurt)

Zug – Das Förder- und Stiftungswesen hat im Kanton Zug eine lange Tradition. Erste mäzenatische Tätigkeiten durch philanthropische Einzelpersonen gab es bereits zur Zeit der Industrialisierung. Diese waren mehrheitlich karitativer Natur, unterstützt wurden insbesondere notleidende Menschen und das Gesundheitswesen. Im Bereich Kunst und Kultur haben sich erst zu einem späteren Zeitpunkt finanzstarke Stiftungseinrichtungen gebildet, welche insbesondere die regionale Kunst und Kultur förderten. Dies aus der Überzeugung heraus, dass sie grundlegender Bestandteil des Menschen und seiner Existenz sind. Zu den ersten und bedeutendsten Zuger Einrichtungen auf dem Gebiet der Kulturförderung gehört die Landis-&-Gyr-Stiftung. Sie feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen.

Mit der Errichtung der Stiftung im Jahre 1971 anlässlich des 75-jährigen Bestehens des 1896 in Zug gegründeten Landis-&-Gyr-Konzerns wollten die Firma und die Familie Gyr zunächst ihren Mitarbeitenden den Zugang zu Kultur und qualitätvoller Kunst ermöglichen – als Ausdruck des grossen Verantwortungsbewusstseins der Konzernleitung gegenüber dem Personal wie auch der Zuger Bevölkerung. Die Stiftung organisierte Ausstellungen und Vorträge, legte eine eigene Sammlung an, förderte insbesondere Künstlerinnen und Künstler aus der Zentralschweiz und unterstützte bald Veranstaltungen und Kultureinrichtungen auch in Zürich und Luzern – sie beteiligte sich unter anderem auch mit einem namhaften Beitrag an der Entstehung des KKL.

Stipendien als Fördermittel

Nach dem Verkauf der Firma 1987 an Stephan Schmidheiny löste sich die Stiftung vom Konzern, wirkte fortan unabhängig und weitete ihre Fördertätigkeit auf die ganze Schweiz aus. Im Zuge strategischer Überlegungen legte die Stiftung Schwerpunkte fest und setzte auch eigene Initiativen um. Zu den wichtigsten gehörten und gehören die Atelierstipendien für Schweizer Kunstschaffende im Ausland. Die LG-Stiftung war in den 1980er-Jahren mit dem Standort London eine Pionierin auf diesem Gebiet. Die Atelierstipendien zählen noch heute zu den zentralen Instrumenten der LG-Stiftungstätigkeit. «Sie sind eine wahre Erfolgsgeschichte und landesweit begehrt», sagt dazu Regula Koch, seit 2010 Geschäftsführerin der LG-Stiftung. «Und nach der Wende 1989 hat die Stiftung begonnen, einen besonderen Schwerpunkt auf den geisteswissenschaftlichen Austausch mit Osteuropa zu legen.» Seither werden auch regelmässig Autorinnen und Autoren sowie Übersetzerinnen und Übersetzer aus ostmittel- und südosteuropäischen Ländern nach Zug eingeladen, wo sie in stiftungseigenen Wohnungen arbeiten können.

Die Stiftung achtet seit jeher darauf, dass sie Menschen beschäftigt, die selbst eine Affinität zu Kunst und Kultur haben, so wie auch Geschäftsführerin Regula Koch. Die ausgebildete Pianistin und Germanistin hat ab 1995 das Zuger Amt für Kultur aufgebaut, war erste offizielle Kulturbeauftragte des Kantons und mit der LG-Stiftung bereits lange vor der Übernahme der Geschäftsführung bestens vertraut. Ende Juli des laufenden Jubiläumsjahres, nach fast zwölfjähriger Tätigkeit im Amt, geht Regula Koch in Pension. «Während meiner Zeit hat sich einiges getan», sagt sie, den Blick zurück gerichtet.

Die Stiftung konsolidiert sich

Unter Regula Kochs Führung konnte sich die Stiftung weiter profilieren und ihren Platz in der Schweizer Kunst- und Kulturförderung festigen. Während ihrer Zeit kamen nebst den Atelierstipendien in London, Budapest, Bukarest, Sofia und Zug neu auch Werk- und Reisestipendien hinzu. Letztere mit Fokus Balkan/Türkei. Ferner ist ein neues interkulturelles Standbein im Aufbau begriffen, bei dem das Thema Migration/Integration im Kulturbereich in der Schweiz im Zentrum steht. Sie sagt: «Die Stiftung hat sich im letzten Jahrzehnt stark konsolidiert.»

«Sie hält an Schwerpunkten fest. Diese haben sich aber modifiziert. So gab die Stiftung beispielsweise den Atelierstandort Berlin 2016 auf.» Und heute unterstütze die Stiftung zum Beispiel keine denkmalpflegerischen Projekte mehr. «Die dadurch frei gewordenen Mittel kommen der freien Projektförderung, allem voran der zeitgenössischen künstlerischen Kreation zugute und bieten mehr Spielraum für Unvorhersehbares.» Unvorhersehbar war auch die Coronapandemie. «Im März letzten Jahres hat die LG-Stiftung angesichts der akuten Notsituation unter anderem spontan die Summe für Werkstipendien mehr als verdoppelt – und dieses Jahr nahezu verdreifacht», so die Geschäftsführerin. «So konnten deutlich mehr Bewerbungen berücksichtigt werden. Seit Beginn der Pandemie hat die LG-Stiftung ausserordentliche Werk- und Produktionsbeiträge an Künstlerinnen und Künstler sowie an Ensembles in der Höhe von rund 900’000 Franken vergeben.» Das sei denn auch ein grosser Vorteil von Stiftungen: «Deren schlanke Struktur und Unabhängigkeit erlaubt kurzfristig spontanes Handeln ohne komplizierte Bürokratie.» Die Nachfrage nach finanzieller Unterstützung Kulturschaffender wächst. Regula Koch: «In den vergangenen Jahren hat die Anzahl Gesuche stetig zugenommen. Und während der Coronapandemie sind wir mit Bewerbungen auf unsere gezielten Ausschreibungen hin regelrecht überschwemmt worden.» Das sei eine besonders strenge Zeit gewesen. Nach diesem intensiven Jahr freut sie sich umso mehr auf ihren wohlverdienten Ruhestand, auch wenn ihr die Stiftung in all den Jahren ans Herz gewachsen ist.

Sie weiss aber, dass mit ihrer Nachfolgerin eine motivierte Person gefunden worden ist, welche die Stiftung kompetent in die Zukunft führen wird: Per 1. August wird Nela Bunjevac das Steuer übernehmen. Die 38-jährige Kunsthistorikerin, Literatur- und Kunstwissenschafterin verfügt über einen reichhaltigen Erfahrungsschatz in Vermittlung, Förderung und Umsetzung von Kulturprojekten. Aktuell arbeitet Nela Bunjevac als Stellvertretende Leiterin Sektion Kulturschaffen / Leiterin Dienst Grundlagen im Bundesamt für Kultur (BAK) in Bern. «Mit dieser Nachfolge findet in der Geschäftsführung ein markanter Generationenwechsel statt», sagt Regula Koch abschliessend. «Das wird die Stiftung agil halten und eine neue Ära einläuten.» (Andreas Faessler)