Hier steht der «falsche» Anton

Kunst & Baukultur

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Eine kurze Gasse in der Zuger Altstadt ist nach einem Heiligen benannt, dessen Name zweimal im Reigen katholischer Kirchenpatrone auftaucht. Eine Holzfigur an besagter Gasse stellt jedoch nicht den korrekten Namensgeber dar.

  • St. Anton von Padua an der St.-Antons-Gasse in Zug – deren Name jedoch auf St. Anton Eremit zurückgeht.Bild: Andreas Faessler (Zug, 11. 6. 2025)
    St. Anton von Padua an der St.-Antons-Gasse in Zug – deren Name jedoch auf St. Anton Eremit zurückgeht.Bild: Andreas Faessler (Zug, 11. 6. 2025)

Zug – Der kleine, versteckte Strassenzug, welcher von der Schanz zum Haus Zentrum und schliesslich in die Zeughausstrasse führt, heisst St.-Antons-Gasse. Den Strassennamen gibt es in Zug mindestens seit dem 18. Jahrhundert, doch lag diese Gasse ursprünglich näher zum See: Wie im Nachschlagewerk zu den Zuger Ortsnamen von Beat Dittli zu lesen ist, hiess so einst der nördliche Teil der heutigen Neugasse, welche durch die einstige Nachbarschaft Schwimärcht (Schweinemarkt) verlief.

Der heilige Anton Eremit ist Patron der Hirten und insbesondere der Schweinehüter, wodurch sich der Name der St.-Antons-Gasse laut Dittli somit herleiten lässt. Anton Eremit, aus Ägypten stammend, ist nicht zu verwechseln mit dem heiligen Anton von Padua. Ersterer ist stets einfach zu identifizieren anhand der Hirtenkluft und eines kleinen Schweinchens, das ihm jeweils zu Füssen sitzt.

Die «verschobene» Altstadtgasse

Der parallel zur heutigen Neugasse verlaufende Teil der Zeughausgasse hiess damals Hintere St.-Antons-Gasse, während die heutige St.-Antons-Gasse einst noch Geissweid geheissen hat. Im Laufe der Zeit hat sich die nach dem heiligen Anton Eremit benannte Zuger Gasse also um zwei Häuserzeilen «verschoben».

Wo die St.-Antons-Gasse heute den Knick macht, ist in der Hausmauer – gegenüber vom Haus Zentrum – eine kleine, spitzbogige, schwarz vergitterte Nische eingelassen. Sie fällt kaum auf, wird wohl selten überhaupt beachtet. Hinter den dicken, engmaschig verflochtenen Schmiedeeisenstäben steht eine Antoniusfigur mit Jesuskind. Es handelt sich demnach um den Heiligen aus Padua, nicht um den «Süütoni». Gut gemeint, aber den falschen erwischt – mag man denken. Dass die Heiligenfigur Bezug nehmen soll zur Gasse, in der sie steht, ist naheliegend, doch war man vermutlich der Hintergründe des Gassennamens nicht kundig.

Der fleissige Figurenschnitzer

Geschnitzt hat die Heiligenfigur an der St.-Antons-Gasse der Bildhauer Johann Lichtenstern (1884–1968), ein Zuger Künstler, der biografisch nur spärlich erfasst ist. Doch war sein Schaffen ziemlich vielseitig, und noch heute finden wir im Kanton das eine oder andere Zeugnis seines Handwerks. So stammen etwa die hölzernen Darstellungen in den Kreuzwegstationen zur Kapelle St. Verena ob Zug von ihm. Ferner zeichnete Lichtenstern gemeinsam mit Bildhauer Louis Schiess verantwortlich für die Kopie des gotischen Chorgestühls in der Kirche St. Wolfgang in Hünenberg, dessen Original 1905 ins Inventar des Schweizerischen Landesmuseums überführt worden ist.

Lichtenstern stammte aus der Stadt Friedberg bei Augsburg. Wann genau er nach Zug gekommen ist, bleibt unklar. Die offizielle Niederlassungsbewilligung wurde ihm im August 1913 erteilt. 1930 vermählte er sich mit Emma Frieda Kündig aus Bauma. Lichtenstern schien ein viel beschäftigter Handwerker gewesen zu sein, schnitzte eine grosse Zahl an Heiligenfiguren für unterschiedliche Abnehmer und Verwendungszwecke. 1929 lieferte er die Figuren für das Zuger Marionetten-Spiel zu Goethes Faust. 1931 liess Lichtenstern sich einen Multifunktionsschrank – Modellname «Pera» – patentieren, welcher vornehmlich dem Verstauen von Schuhen, Haushaltsutensilien und ähnlichem diente.

Ein Freund von Fritz Kunz

Johann Lichtenstern hatte sein Bildhaueratelier lange Zeit in einem Anbau des ehemaligen Gotthardhofes am heutigen Kirschtortenplatz, wie alt Stadtrat Andreas Bossard sich erinnert. Die Werkstatt habe er mit Schreiner August Bossard geteilt. Lichtenstern habe jeweils auch die kleinen Holzkreuze für die Erstkommunikanten geschnitzt. Er war befreundet mit dem bekannten Zuger Kirchenmaler Fritz Kunz (1868–1947). Dessen stilistischen Einfluss lässt sich in den Bildhauerwerken Lichtensterns – vor allem in den späteren – denn auch ablesen.

Nach dem Tod Johann Lichtensterns im Jahre 1968 starb auch bald weitgehend die Erinnerung an den schaffenskräftigen Bildhauer, der Zug zu seiner Wahlheimat gemacht hatte. Immerhin hinterlässt er mit den Kreuzwegstationen zu St. Verena und mit dem heiligen Anton von Padua an der gleichnamigen Gasse, die jedoch auf einen anderen Anton zurückgeht, ein bis heute sichtbares, wenn auch eher kleines Vermächtnis. (Text: Andreas Faessler)