«Mehr Hoffnung als Realität»

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Der Zuger Stadtrat wird für die Anmeldung als Kulturhauptstadt 2030 ohne Konsultation des Grossen Gemeinderats scharf kritisiert.

Zug – Die Sommerferien sind vorbei und auch Zug kehrt wieder langsam in den Alltag zurück. So fand am Dienstagabend bereits wieder die erste Sitzung des Grossen Gemeinderats der Stadt Zug (GGR) statt. Zu beraten gab es einiges. Unter anderem passend zum neuen Schuljahr die aktualisierte Schulprognose 2024/25 der Stadt, die sich mit der Entwicklung der Schülerzahlen der nächsten 15 Jahre befasst. Sie besagt, dass die zu erwartenden rund 1000 zusätzlichen Schülerinnen und Schüler mit den heutigen Voraussetzungen zu stemmen sein werden. Die Prognose wurde vom GGR grossmehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Ein anderes Thema hatte es nicht so einfach: Hat die Stadt Zug das Zeug zur Schweizer «Kulturhauptstadt 2030» (KHS) oder nicht? Bei der Antwort auf diese Frage mögen sich die Geister im GGR wie auch in der Bevölkerung zwar scheiden. Die Mehrheit der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte ist sich jedoch einig, dass sie sich von der Entscheidung des Stadtrats zur Teilnahme übergangen fühlt.

Denn der GGR wurde vor vollendete Tatsachen gestellt: Der Stadtrat hat die offizielle Interessenbekundung am Label KHS ohne vorherige Konsultation eingereicht. Daraufhin haben Vertretende aller städtischer Fraktionen gemeinsam einen Vorstoss erarbeitet, der sich mit der überraschenden Bewerbung beschäftigt.

Die Kandidatur komme zur falschen Zeit

In seiner Antwort auf diesen Vorstoss hielt der Zuger Stadtrat unter anderem fest, dass es sich bei der Abgabe der Absichtserklärung zur Teilnahme als KHS in erster Linie um eine grundsätzliche Interessenbekundung und nicht um konkrete inhaltliche Projektvorschläge gehandelt habe. «Die Kommunikationsstrategie war bewusst zurückhaltend und sorgfältig mit der Abteilung Kommunikation abgestimmt, da die Schweigepflicht eingehalten werden musste», so der Stadtrat weiter.

Der definitive Entscheid darüber, ob man sich bewerbe, liege nicht beim Stadtrat allein: «Sowohl der GGR als auch die Stadtbevölkerung werden zu gegebener Zeit über einen entsprechenden Kredit und die Durchführung des Projekts befinden.» Eine Volksabstimmung sei voraussichtlich für den 14. Juni 2026 vorgesehen. Die Stadt sehe für die Teilnahme Kosten von rund 15 Millionen Franken vor.

Das Urteil der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte über die Antworten auf rund 15 Seiten musste für den Stadtrat ernüchternd gewesen sein. Die Begründungen überzeugten nicht. Schnell stand der Antrag einer negativen Kenntnisnahme im Raum: etwa durch die Fraktionen der SVP, FDP, Mitte und GLP. Die FDP forderte zudem, dass eine Vernehmlassung nachgeholt werden soll. In seinem Votum hielt Marcus Bühler von der SVP fest: «Die SVP-Fraktion empfindet das Vorgehen des Stadtrats nicht nur als eigenwillig, sondern auch als befremdend.»

Ebenfalls erinnerte er daran, dass der GGR im Januar 2024 beschlossen hat, Mitglied der Landesausstellung Nexpo 2032 zu sein. Bühler: «Diese Partizipation ist für die Stadt Zug bereits ein ambitioniertes Vorhaben.» Dazu komme: Die Stadt Zug befinde sich in einer einschneidenden Kultur-Reorganisation, in einem Umbruch, der noch lange nicht abgeschlossen sei. Die Kulturhauptstadt-Kandidatur komme daher zu einer Unzeit.

«Stadtrat ist in umtriebigen Werbemodus verfallen»

Weiter legte Bühler im Namen der SVP-Fraktion seine Recherchen zum Verein «Kulturhauptstadt Schweiz» dar: «Zur Zeit kreist der Verein, der aus 23 Mitgliedern, hauptsächlich aus der Romandie stammend, besteht, um sich selbst. Er probiert sich 2027 bei einem ersten Versuch in La Chaux-de-Fonds – angereichert mit 2,5 Millionen Franken vom Bundesamt für Kultur (BAK) – in Szene zu setzen.» Das BAK bleibe bezüglich künftiger Beiträge abwartend und kritisch. Im Dezember 2024 habe das BAK kommuniziert: «Subventionen für die Ausgaben 2030 und 2033 sind derzeit nicht in Sicht. Nach der ersten Evaluation müsse man abwarten, welchen Nutzen die Austragung 2027 bringt.»

Doch der Stadtrat sei gleich nach der Einreichung der Bewerbung in einen «umtriebigen Werbemodus» verfallen und preise öffentlichkeitswirksam die Vorzüge der Zuger Kandidatur an. «Diese Reklame-Bemühungen der Stadt in Ehren – aber eine Kandidatur so euphorisch zu bewerben, obwohl noch keine einzige Erfahrung vorliegt, erscheint unserer Fraktion mehr Hoffnung als Realität sowie suspekt und somit komplett falsch», legte Marcus Bühler nach.

Mit dieser Meinung war die SVP-Fraktion nicht alleine. Insgesamt sprachen sich 24 von 30 anwesenden Gemeinderätinnen und Gemeinderäten in der Schlussabstimmung für die negative Kenntnisnahme der Antworten des Stadtrats aus. Die eingereichte Interessenbekundung der Stadt Zug als Kulturhauptstadt wird indes weiterhin vom zuständigen Verein geprüft. (Text: Tijana Nikolic)