Sie haben Kultur gelebt und gepflegt

Kunst & Baukultur

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Das Kunsthaus Zug würdigt das Wirken von Christine und Peter Kamm und zeigt erstmals Werke ihrer privaten Sammlung.

  • Christa Kamm (rote Tasche). (Bilder: Roger Zbinden)
    Christa Kamm (rote Tasche). (Bilder: Roger Zbinden)
  • Alexander Jolles (links), Präsident Stiftung Sammlung Kamm, Matthias Haldemann (Mitte), Direktor Kunsthaus und Reto Fetz (rechts), Präsident Zuger Kunstgesellschaft.
    Alexander Jolles (links), Präsident Stiftung Sammlung Kamm, Matthias Haldemann (Mitte), Direktor Kunsthaus und Reto Fetz (rechts), Präsident Zuger Kunstgesellschaft.

Zug – Wer Kunst sammelt, hofft meist auf Gewinn oder Wertsteigerung und lagert die Werke in einem Tresor. Das Ehepaar Peter Kamm und Christine Kamm-Kyburz dagegen lebte in Zug inmitten der Werke regionaler und bekannter Künstler – und verknüpfte die Sammlertätigkeit mit einem kulturellen und politischen Engagement. Beide waren für das Kunsthaus Zug wichtig, betont Direktor Matthias Haldemann in einem Video. Peter Kamms Eltern, Fritz und Editha Kamm-Ehrbar, hatten eine grossartige Privatsammlung aufgebaut. Diese haben er und seine Frau, zusammen mit Christa Kamm, 1998 in die Stiftung Sammlung Kamm eingebracht. Sie ist heute die bedeutendste Kollektion der Wiener Moderne ausserhalb Österreichs und trägt zur überregionalen Bedeutung des Kunsthauses Zug in der Kunstwelt bei.

Die von Matthias Haldemann kuratierte Ausstellung «Zeit und Raum – Hommage an Peter und Christine Kamm – Architektur, Malerei, Skulptur, Design und Video» ermöglicht erstmals einen Einblick in ihre private Sammlung. Sie zeigt, dass sie sich neben ihren vielfältigen Tätigkeiten leidenschaftlich der Kunst widmeten. Und dass Peter Kamm auch im Bauwesen Spuren hinterlassen hat, und Christine interessante wissenschaftliche Arbeiten über die Zuger Architektur sowie die zeitgenössische Kunst in Zug publizierte. Das Kunsthaus habe die Werke leihweise erhalten, denn die Erbteilung stehe noch an. So können jetzt rund 200 Arbeiten besichtigt werden, die eine überraschende Vielfalt aufweisen, mit Malerei, Skulpturen, Glasobjekten, Möbeln, architektonischen Plänen und Büchern.

Der Blick in die Vergangenheit beginnt bei den Stichen von Piranesi, führt zu den Designerstühlen und Objekten der Wiener Werkstätte und reicht bis in die Gegenwart zu Einzelstücken und Werkgruppen bekannter und weniger bekannter Künstler. Von Kurt Sigrist ist mitten in einem Raum eine architektonische Holzskulptur positioniert: Sie ist nicht nur ein Objekt, man darf hindurchgehen. Von Roman Signer sind frühe Filme über seine Experimente mit Naturelementen als Videoinstallation sowie originelle Fotos und ein Modell seiner «Seesicht» ausgestellt. Zwei seiner Werkgruppen schenkte das Ehepaar Kamm 2008 dem Kunsthaus Zug. Spannend anzusehen sind auch die Malereien Hanna Villigers, der Kubus von Jo Achermann, die «zerstrickten» Drähte von Helena Krähenbühl sowie die Arbeiten von Balthasar Burkhard und Bethan Huws sowie der Steinkreis von Richard Long, der auf das Projekt Richisau verweist.

Rund um die Zuger Kulturpolitik

Als aussergewöhnlich bezeichnet Haldemann, dass das Ehepaar schon früh Interesse an zeitgenössischer Kunst zeigte, sowie die Zentralschweizer Kunstschaffenden durch Ankäufe zum Teil ganzer Werkgruppen förderte: «Sie waren beide sehr offen und breit interessiert.»

Wie er ergänzt, stellten für den Architekten Peter und Christine Kamm Zeit und Raum wichtige Aspekte ihrer regen Auseinandersetzung mit Kunst, Architektur und Kultur dar. Die Ausstellung zeigt zudem im Rahmen ergänzender Veranstaltungen, dass sich beide beispiellos im Heimat- und Landschaftsschutz, der Denkmalpflege, Architektur und im Städtebau engagierten. Christine Kamm gehörte lange dem Vorstand der Zuger Kunstgesellschaft an, weshalb sich das Kunsthaus zu Dank verpflichtet fühlt.

Das kam auch an der Vernissage im Burgbachkeller zum Ausdruck, die auf solches Interesse stiess, dass Besucher gebeten werden mussten, die Ausstellung anzusehen. Reto Fetz, Präsident der Zuger Kunstgesellschaft, bezeichnete das Ehepaar Kamm als Powerduo: «Das breite Interesse, verbunden mit politischem Engagement, war einmalig. Beide haben sich für den Erhalt des Theiler-Hauses eingesetzt. Sie wollten nicht nur verschönern, sondern auch bewahren.» Laut Alexander Jolles, Präsident der Stiftung Sammlung Kamm, habe jede Stadt ihre Schlüsselpersonen. In Zug sei dies die Familie Kamm, wo sich auch die zweite Generation für Kunst interessiert habe: «Peter und Christine Kamm waren Leute, die Kultur lebten und pflegten, denen der geistige Inhalt wichtig war. Sie haben nie verkauft.» Direktor Haldemann sprach von der Freundschaft mit dem Ehepaar Kamm. «Ihre Wohnung war Werkstatt und zugleich Galerie – eine Schatz- und Wunderkammer.» Er habe den Nachlass mit rund 5500 Werken gesichtet und rund 200 Stücke ausgewählt. Er konnte sich nicht verkneifen, Kritik an der Kulturpolitik zu äussern. Dem liberalen Ehepaar Kamm sei es wichtig gewesen, die Athene nicht abzureissen, sondern zu bewahren. «Heute ist sie ein beliebtes Schulhaus.» Anfang der 90er-Jahre habe die Motion Kamm/Holdener verlangt, sie zu einem Kulturzentrum auszubauen, erzählt Haldemann. «2021 ist die Motion noch immer nicht beantwortet.» Sie solle vielleicht der Verwaltung dienen. Haldemann: «Die Kultur bleibt wieder zurück. Kultur hat auch eine gesellschaftliche Relevanz. Es geht um das Städtische, um einen urbanen Ort. Die Kultur gehört dazu, wie auch das freie und offene Denken.» (Monika Wegmann)

Hinweis
Die Ausstellung Zeit und Raum – Hommage an Peter und Christine Kamm – Architektur, Malerei, Skulptur, Design und Video – läuft bis 9. Januar 2022.