Diese Ex haben Eier
Theater & Tanz
Mit ihrem neuen Programm sind die «Exfreundinnen» fast im Kino. Das ist besser als jeder Film.
Zug – Es ist ein Heimspiel für die Zugerin, die am New Yorker Broadway ihre überlangen Beine in überhohen Kicks gezückt hat. Isabelle Flachsmann, jetzt im Theater Casino Zug, und der Saal feiert. Denn sie hat nicht nur Beine, sondern auch Stimme. Isabelle, seinerzeit Teil der New Yorker Radio City «Rockettes» ist eine Soul-Sista.
Die Musik-Comedy-Girls «Exfreundinnen», Flachsmann in ihren Reihen, zeigen ihren neusten, feministisch gespickten Selbsthilfe-Empowerment-Appell, weil sie wissen: Nur böse Mädchen kommen nach Hollywood! Und dort will man als Superheldin, die jede Frau naturgemäss ist, hin.
Deshalb ist auf der Bühne bereits ihr «Lieblingsmann» zugegen, Oscar. Gegenüber Hasi, Schnauzi, Donald, Elon und wie sie alle heissen, hat er einen entscheidenden Vorteil. Er sagt nichts und passt ins Regal.
Doch weil man aktuell in Zug ist, ist der Weg nach Hollywood weit. Unterwegs spielt Isabelle, inhaltlich sinnfrei, aber wandelbar in zahllosen Low-Budget-Remakes eine steppende Kuh nach der Idee des «Trio Euter» (lies Eugster) und aus dem Film «Titanic» den schicksalshaften Eisberg mit Tiefgang.
Die «Exfreundinnen» sind ein Phänomen. Statt sich im Show-Biz die Bühne streitig zu machen, vertreten sie seit 2012 gemeinsam die potenzierte Frau. Nebst Isabelle Flachsmann, dem Musical-Star zwischen Bochum und München sind das: Die Sängerin, Schauspielerin und Regisseurin Martina Lory, von Thun bis Walen-stadt auf jeder Musical-Bühne daheim. Aniko Donath natürlich, der Schweizer Comedy-Urknall aus der analogen Ära – und, am Flügel, die Multiinstrumentalistin Sonja Füchslin.
Zwei Stunden dauert das hochmusikalische Abend, an dem die Ladys energisch darüber nachdenken, wohin sie der nächste Karriereschritt führen soll: Claro, ins Kino! Doch der Drehstart fällt flach, der Produzent ist mit der Kasse auf die Bahamas abgehauen, nun ist dringend Geld gesucht, oder eine Idee. Und da ist sie: Man will SRF eine Pilotsendung vorschlagen. Das verspricht halbe Kosten und doppelte Quote.
Wie wär’s mit der Kuppel-Dating-Show «Schlimmer geht immer?», der Reise-Sendung «Tripper Advisor», dem Feel-Good-Format «Die Begatterin»? Vier Punkte von den vier Beteiligten erhält der Vorschlag für ein innovatives Beautyformat «Mini Bei, dini Bei». SRF findet die Vorschläge umwerfend, beteuert aber beinhart, man habe kein Budget.
Doch die «Exfreundinnen» geben nicht klein bei und finden ihre Exitstrategie. On the road to Hollywood hat man als Mittvierzigerin das Bedürfnis, mit Klischees und anderem Ärger aufzuräumen. Die Drei entmystifizieren das Phänomen Barbie, sie verurteilen Gratisarbeit, «Oops, I dit it again!», entwickeln eine gewaltfreie Version des Western «Spiel mir das Lied vom Tod» - und, Spoiler: Sie sorgen für die erste Live-Enthaarung eines Innerschweizer Schlagzeugers, vor den Augen aller auf der Bühne.
Die Schrecksekunde für den männlichen Publikumsteil ist beträchtlich, getröstet wird in weiblicher Fürsorge mit einem Snippet aus dem Musical «Hair». Dann ist Zeit für eine Pause, im Foyer wird erschütterten Männern Mut gespendet und Sekt.
Vier Comedy-Frauen haben Eier. Die «Exfreundinnen» schreiben ihre Texte selbst, sie komponieren ihre Musikarrangements eigenhändig und inszenieren ihre Choreografien. Sie sind ihre eigenen Produzentinnen, Managerinnen, Booking-Agentinnen - und noch immer in der Warteschlaufe für einen Swiss Comedy-Award.
Es gibt Entscheide, die ein Mensch nicht versteht. Doch dass diese Künstlerinnen längstens verdiente Preisträgerinnen sind, zeigt dieses Programm ohne Wenn und Aber. (Text: www.exfreundinnen.ch)
Tourneedaten www.exfreundinnen.ch
