Europäische und amerikanische Romantik

Musik

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Das zweite Konzert der Zuger Sinfonietta in Cham brachte ein Wiedersehen mit dem Zuger Klarinettisten Reto Bieri. Es erklangen Werke von Janáček, Copland und Dvořák.

  • Am 2. Abokonzert spielte die Zuger Sinfonietta mit Klarinettist Reto Bieri. (Bild Stefan Kaiser)
    Am 2. Abokonzert spielte die Zuger Sinfonietta mit Klarinettist Reto Bieri. (Bild Stefan Kaiser)

Cham – Praktisch bis zum letzten Platz füllte sich der Chamer Lorzensaal für das Konzert der Zuger Sinfonietta unter der Leitung von Daniel Huppert. Vieles passte zusammen: der Ruf des Orchesters für die immer sehr guten Darbietungen der vorangegangenen Auftritte, das Wiedersehen mit dem im Kanton Zug aufgewachsenen Hauptsolisten Reto Bieri und nicht zuletzt das 20-jährige Jubiläum mit dem anschliessenden Apéro. Auch die drei gespielten Komponisten waren unter sich verbunden: Leoš Janáček als Bewunderer und später Weggefährte des 13 Jahre älteren Antonín Dvořák, dieser gleichzeitig der Lehrer von Rubin Goldmark, welcher später Aaron Copland ausbildete.

Halb nach Notentext, halb Improvisation

Wie schon in der Einführung zu vernehmen war (Felix Michel und Reto Bieri), steht Aaron Copland (1900–1990) stilistisch zwischen der spätromantischen, europäischen Klangkultur und dem Jazz. Reto Bieri liess in seiner technisch und musikalisch brillanten Interpretation von Anfang an die Elemente des Jazz dominieren. Er unterstrich dies auch durch das äussere Auftreten und das Bewegungsmuster. Im Streichorchester, nur durch Harfe (Lindsay Buffington) und Klavier (Estelle Lustenberger) ergänzt, überwog am Anfang die sinfonische Spieltechnik. Erst mit einigen Einsätzen der tiefen Streicher und verstärktem Einstieg des Klaviers verschwand dieser Gegensatz. In der zwischen den begleiteten Sätzen liegenden Kadenz – halb nach Notentext, halb Improvisation – beeindruckte neben der lebendigen Gestaltung auch der riesige Tonumfang, wie er sonst von keinem mundgeblasenen Instrument erreicht wird. Der frenetische Applaus wurde mit einem weiteren kürzeren Satz im Csardas-Stil verdankt.

Als Beginn erklang eine 6-sätzige Suite des damals 23-jährigen Leoš Janáček (1854–1928). Seine Tonsprache war damals noch ähnlich wie die der Zeitgenossen. In der stilgerechten Wiedergabe kamen die Stimmungswechsel zwischen den einzelnen Teilen gut zum Tragen und es entstand ein abgerundetes Hörerlebnis. Schon der Einleitungsreferent suchte nach den abrupten Kontrasten, welche den Komponisten mit den bekannteren Spätwerken wie der Glagolitischen Messe am besten in Erinnerung behalten.

Nach der Pause erklang das in Amerika geschriebene sehr bekannte Streichquartett Opus 96 von Antonín Dvořák (1841–1904). Die Bearbeitung für Streichorchester liess das Original grundsätzlich fast unverändert. Wenige Themenköpfe wurden durch die Konzertmeisterin Myrtha Spahr solistisch ausgeführt; für den weiteren Notentext spielten aber meist alle 20 Mitwirkenden. In dieser Interpretation näherte sich das Werk noch stärker der fast gleichzeitig entstandenen, unsterblichen Neue-Welt-Sinfonie.

Mit dem relativ beschwingten Tempo des Lento erschien der zweite Satz eher als Larghetto. Das abschliessende Finale («Vivace ma non troppo») wirkte eher behänder als das vorangegangene nach Scherzo-Manier geschriebene «Molto vivace». Dvořák soll bei seinen Kompositionen in Amerika auch pädagogische Absichten gehegt haben, in dem Sinn, dass er den Leuten in den USA die europäische Musikkultur näherbringen wollte. Doch das war im Lorzensaal wohl nicht das Thema: Man freute sich unbeschwert an einer lebendigen und stimmungsvollen Darbietung.

Nächstes Konzert mit französischem Flair

Der erneut kräftige Applaus wurde mit einem Pastorale aus dem Weihnachtskonzert von Arcangelo Corelli verdankt. Dies war die Überleitung zum gespendeten Apéro, welcher die zahlreichen Freunde und Gönner der Zuger Sinfonietta noch lange beisammen hielt. Als nächstes Sinfonietta-Konzert im Chamer Lorzensaal erklingen am 23. Fe­bruar 2019 (Samstag) Kompositionen unter dem Motto «Rendez-vous à Paris».