Kinder werden Werkzeugmeister

Brauchtum & Geschichte

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Das Museum für Urgeschichte in Zug ist Teil des Ferienpass-Spasses und vermittelt Schulkindern einen Einblick in das Leben der Steinzeit.

  • Die Steinzeitsichel ist ganz schön scharf.Bild: Stefan Kaiser (Zug, 14. 7. 2025)
    Die Steinzeitsichel ist ganz schön scharf.Bild: Stefan Kaiser (Zug, 14. 7. 2025)

Zug – Der elfjährige Lukas aus Baar ist früh vor Ort und kann es kaum erwarten, bis der Kurs losgeht. Neugierig späht er durch die Eingangstüre. Beim Ferienpass ist er Stammgast und nimmt auch dieses Jahr an rund 15 Angeboten teil. «Es nimmt mich wunder, wie man in der Steinzeit so ein Werkzeug hergestellt hat und was man damit alles machen kann», begründet er sein Interesse für die Anfertigung einer Steinzeitsichel.

Sandra Lehninger und Robert Graf haben die Materialien, die es für den Bau einer Sichel braucht, schon im Voraus bereitgelegt. Für das Duo ist es eine Premiere – sie stehen zum ersten Mal bei einem Ferienpass-Kurs im Einsatz. Sarah Wicki, Museumspädagogin und Archäologin, führt aus, dass das Angebot optimal auf die Bedürfnisse der Kinder abgestimmt ist: «Es ist kurzweilig, etwas zu basteln und das Ergebnis dann nach Hause mitnehmen zu können». Den Kindern werde spielerisch nahe gebracht, wie lange es in der Steinzeit ging, um ein Werkzeug herzustellen. «In das Leben der Steinzeitmenschen kann man sich am besten einfühlen, wenn man selbst Hand anlegt», ist sie überzeugt.

Bevor sie das Werkzeugmachen in Angriff nehmen, tauchen die neun Knaben und zwei Mädchen in einer kurzen Geschichtslektion in den steinzeitlichen Alltag ein. Im Mittelpunkt stehen die Bauern, die vor 5000 Jahren nach einer Möglichkeit suchten, das angebaute Getreide auch ernten zu können. Die Idee, aus vorhandenen Naturprodukten ein «krummes Messer» herzustellen, wurde rasch umgesetzt, was im Kurs möglichst originalgetreu nachempfunden wird.

Herstellung fast wie zur Ötzi-Zeit

Zuerst wird unter kundiger Anleitung ein gekrümmtes Holz aus einer Astgabel geschliffen. Danach werden die vorbereiteten Bruchstücke von Feuersteinen mit einem Holzstück mit Kupferspitze geschärft und für die Anbringung auf dem Krummholz angepasst. Früher kam statt Kupfer ein Teil eines Hirschgeweihs zur Anwendung. Die Kinder tragen bei diesem Arbeitsgang Schutzbrillen, damit keine Splitter versehentlich ins Auge gehen können.

Danach werden die Bruchstücke mit Heisskleber auf der Innenseite des Krummholzes angebracht. Einst benutzten die Menschen Pech aus der Birkenrinde als Kleber, worauf heute jedoch infolge der aufwendigen Herstellung verzichtet wird. Diesen Arbeitsgang übernehmen die beiden Kursleitenden, um die Kinder keiner Verbrennungsgefahr auszusetzen. Zum Schluss wird der Griff der Sichel mit Bast umwickelt, den die Kinder vorgängig zu Zöpfen geflochten haben – schon ist die Steinzeitsichel einsatzbereit.

Nadeln aus Knochen zum Nähen

Die Freude der Kursteilnehmer ist gross. Auch Lukas ist mit seinem neuen Werkzeug sichtlich zufrieden: «Ich arbeite gerne mit den Händen.» Und er hat Ausdauer. Am Nachmittag wird er im Museum für Urgeschichte zusätzlich den Kurs zur Anfertigung einer steinzeitlichen Ledertasche belegen. Gemäss Kursleiterin Lehninger werden für das Nähen der Tasche Knochennadeln verwendet und je nach Belieben Muscheln als Dekomaterial. Bei diesem Angebot ist das Geschlechterverhältnis mit sechs Mädchen und sechs Knaben eher ausgewogen.

Dass aber auch den Mädchen das Anfertigen einer Sichel Freude bereiten kann, beweist Florence aus Cham: «Am meisten Spass gemacht hat mir das Bearbeiten der Steine». Umgekehrt bricht Lukas mit einem Geschlechterklischee: «Ich freue mich ganz besonders auf die Näharbeiten.» (Text: Ingrid Hieronymi)