Die Vielseitigkeit der Harfe

Musik

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Ein ausveerkaufter Lorzensaal und eine ausgezeichnete Leistung der Solistin: Das zweite Abo-Konzert der Zuger Sinfonietta unter Daniel Huppert kam beim Publikum bestens an.

  • Die Harfe, gespielt von Anneleen Lenaerts, stand beim zweiten Abokonzert der Zuger Sinfonietta im Fokus. (Bild Roger Zbinden)
    Die Harfe, gespielt von Anneleen Lenaerts, stand beim zweiten Abokonzert der Zuger Sinfonietta im Fokus. (Bild Roger Zbinden)

Cham – Während viele Konzertveranstalter auch in der Zentralschweiz Publikumsschwund beklagen, füllte sich der Chamer Lorzensaal am vergangenen Sonntag wieder praktisch bis auf den letzten Platz. Alles spielt aktuell offensichtlich zusammen: eine grosse Zahl von Dauerabonnenten, eine geglückte Balance zwischen Aufführungsdaten und Werkauswahl und vor allem die durchwegs gute bis hervorragende musikalische Qualität des Gebotenen.

Die erste Programmhälfte brachte Werke des Barocks von Arcangelo Corelli und Georg Friedrich Händel. Was schon die Einleitungsworte von Intendant Lion Gallusser angekündigt hatten, bestätigte die Interpretation unter Daniel Huppert: Es überwog ganz entschieden das Verbindende. Der ältere Corelli lebte nie in London, aber er wurde dort über gedruckte Noten bekannt und hochverehrt. Dies veranlasste den jüngeren Händel nach seiner Ankunft in England, auch einige von dessen Prinzipien zu übernehmen.

Dazu gehörten etwa die Konzentration auf den Streicherklang, Satzbezeichnungen aus der barocken Tanzsuite und vor allem der oft enge Wechsel zwischen solistischen Concertino-Einschüben der Stimmführer und Tutti-Wiederholungen mit dem Gesamtklangkörper. Simone Zgraggen und Sari Erni-Ammann (Violinen), Dominik Fischer (Viola) und Jonas Iten (Violoncello) bewährten sich dabei in gleicher Weise mit ihren solistischen Einsätzen wie mit dem Anführen des Gesamtklangs.

Auch das an dritter Stelle gespielte Harfenkonzert zeigte Händel als Pragmatiker. Das noch bescheidene Klangvolumen der damaligen sogenannten Hakenharfe veranlasste ihn zu einem sehr dünn gesetzten Begleitsatz, der vor allem in den tiefen Stimmen fast nur gezupft wurde und der oft sogar über längere Strecken pausierte. Auch vermied er die auf der Hakenharfe nur sehr mühsam auszuführenden tonartlichen Modulationen. Anneleen Lenaerts musizierte aber auf einer modernen Pedalkonzertharfe, sodass sich mit dem klanglichen Gleichgewicht keine Probleme ergaben. Möglicherweise wäre es besser gewesen, durch die Pause das Barock von den späteren Stilepochen abzugrenzen, denn die nochmalige Rückkehr zu Händel wirkte trotz sauberer Wiedergabe des Concerto grosso HWV 326 mehr als Repetition.

Sprung ins 20. Jahrhundert

Es ist Geschmackssache, ob man die 1904 komponierten «Danse sacrée et danse profane» von Claude Debussy zur Moderne zählen will. Die Interpretation durch Anneleen Lenaerts bestätigte die Konzertharfe als Instrument der Spätromantik, dies, obwohl Debussy das Stück ursprünglich für einen noch etwas früheren Harfentyp, die sogenannte chromatische Harfe mit zwei Saitenreihen, geschrieben hatte. Manchmal wird dieses Werk nur von einem Solistenquartett begleitet, aber mit dem kraftvollen Ton der Solistin und der geeigneten Akustik des Lorzensaals rechtfertigte sich die Mitwirkung des Gesamtorchesters.

Selbst Nino Rota (1911–1979) ist wohl langsam aus der Moderne zu verabschieden. Sein Schaffensschwerpunkt, der ihn berühmt gemacht hat, lag vor allem bei der Filmmusik. Aber diese orchestrale Kunst wird bei den Filmen aus jüngster Zeit immer mehr von elektronischer Klangerzeugung verdrängt, sodass die auf Instrumenten gespielte Filmmusik zunehmend als historische Epoche wirkt. Die lebendige und abgerundete Interpretation des «Concerto per archi», welches der Komponist unabhängig von einem Regisseur geschrieben hat, nährt die Hoffnung, dass Rotas Schaffen wenigstens mit einzelnen Werken den Zeitgeschmack überdauert.

Nach der Zugabe durch die Solistin verzichtete das Orchester trotz kräftigen Schlus­sapplauses auf eine eigene separate Zugabe. (Text von Jürg Röthlisberger)

Hinweis Am Samstag, 10. Dezember, um 20 Uhr, gibt die Zuger Sinfonietta ihr Weihnachtskonzert im Theater Casino Zug.