Fundzeichnung – weltweit lesbares Format
Kunst & Baukultur
Im KunstKubus Cham wird eine wenig bekannte Kunstgattung vorgestellt – die wissenschaftliche Illustration. Die Exponate geben nicht alltägliche Einblicke in das wissenschaftliche Arbeiten der Archäologie.
Cham – Wenn Archäologen bei Grabungen etwas entdecken, ein Objekt oder ein Fragment aus früheren Zeiten, werden die Funde fotografiert – und auch gezeichnet. Im Chamer KunstKubus zeigt die Ausstellung «Zeichnen, um Wissen zu vermitteln» interessante Trouvaillen aus dem Archiv des Amtes für Denkmalpflege und Archäologie Zug. Sie stammen von verschiedenen Zeichnerinnen und Zeichnern. Am Samstag, 16. August, war Vernissage.
Von Eva Kläui ist die Zeichnung, auf der die Form des Kamms gut erkennbar ist, obwohl es nur noch Fragmente gibt: Sie wurden an der Früebergstrasse in Baar in einem Frauengrab gefunden. Mit Tusche hat sie auf Folie millimetergenau die Bruchstücke aus den Knochen eines Hirschgeweihs festgehalten. Daneben sind auch Zeichnungen von Feuersteinen, Pfeilspitzen, Paddeln, Glasperlen und weiteren archäologischen Fundstücken aus der Region zu sehen. Neben dem 40-Prozent-Pensum im Zuger Amt und einer Dozententätigkeit ist Kläui im Atelier kreativ, dort entstand auch der viel bewunderte farbige Seidenschal an der Wand, den prähistorische Fundstücke zieren.
Idealisierte Darstellung der Realität
Dem interessiert lauschenden Publikum erklärte Eva Kläui, dass das archäologische Fundzeichnen ein wichtiger Bestandteil der Auswertung von archäologischen Grabungen ist. Die Darstellung von wissenschaftlichen Inhalten sei seit dem 16. Jahrhundert bekannt – auch in der Archäologie, um Funde zu dokumentieren und Forschungsresultate zeichnerisch umzusetzen. Diese Fundzeichnungen seien eine abbildungsgetreue, aber idealisierte Darstellung der Realität. «Und die Konventionen der Illustration sind international gültig.»
Der Entscheid, welche der mehreren hundert Fundstücke gezeichnet werden, obliege der Archäologin. «Von der Grabung im Chamer Alpenblick wurden über 800 Fundstücke gezeichnet. Der Vorteil gegenüber dem Foto besteht darin, dass die Zeichnung wichtige Sachen wie Bearbeitungsspuren oder Schichten hervorheben kann und auch die Rekonstruktion eines Objektes ermöglicht.» Ihre Arbeit erfordert viel Akribie: «Die erste Zeichnung geht an die Archäologin, die kontrolliert und gibt sie retour zum Überarbeiten. Das geht so hin und her wie beim Pingpong.» Man spürt, dass sie ihren Traumberuf mit grosser Freude ausübt, auch wenn heute meist nur am PC gezeichnet wird. Lachend sagte sie: «Und es ist schön, dass jeder Punkt und Strich von mir publiziert wird.»
«Die Zeichnung ist dem Foto überlegen»
«Die Ausstellung im KunstKubus ist eine Ehre», sagte Karin Artho, Leiterin des Zuger Amtes für Denkmalpflege und Archäologie. Sie dankte für die «schöne Plattform» und ergänzte: «Jede Zeichnung ist ein kleines Kunstwerk, ästhetisch und mit grosser Sorgfalt und Präzision erstellt. Heute wird digital gezeichnet, was früher mit Tusche auf Folie geschah. Es braucht viel Wissen und Erfahrung. Die Zeichnung ist dem Foto überlegen, weil sie als Interpretation international verstanden wird und durch den Austausch mit Experten die wissenschaftliche Vernetzung ermöglicht.»
Die Funde seien Hinterlassenschaften des Menschen aus Zeiten, als es noch keine Schriften gab. Wie beim Puzzlen brauche es mehrere Teile, bis etwas vollständig sei. Das Zuger Amt decke eine Spanne der letzten rund 16’000 Jahre ab. «Wenn auf einer Baustelle Funde entdeckt werden, gehen wir nicht aus Neugierde dorthin, sondern um bedrohte Kulturgüter zu schützen: Die Rettung kommt zuerst, die Bautätigkeit gibt den Takt vor.» Und Vorstandsmitglied Ignaz Staub ergänzte, dass es vor rund elf Jahren eine Ausstellung im KunstKubus über die prähistorischen Chamer Funde gab.
Hinweis
Ausstellung im KunstKubus Cham bis Samstag, 13. September, 11–14 Uhr. Demnächst offen: Samstag, 23. und 30. August, 11–14 Uhr.
(Text: Monika Wegmann)