«Sie haben nur die bare Seel»
Theater & Tanz
Die Zuger Spiillüüt führen Tim Krohns «Vrenelis Gärtli» auf. Man muss die Geschichte um den Glarner Gletscher nicht verstehen, aber man kann sich darin vergnügen.
Zug – Das Publikum lacht und schmunzelt häufig während der Premiere von «Vrenelis Gärtli» am Donnerstagabend im Zuger Burgbachkeller. Das ist kein Wunder, denn die Zuger Spiillüüt bringen die mythendurchzogene Geschichte um Vreneli, Tod, Herrgott und Gletscherkälte mit viel Humor auf die Bühne. Der Handlung stets bis ins letzte Detail zu folgen, gestaltet sich etwas schwierig, aber man muss diese Geschichte ja auch nicht auflösen wie einen Krimi: Hier dreht sich alles um Mythos und Fantasie und um eine aussergewöhnliche Sprache, angesiedelt irgendwo zwischen Hoch- und Glarnerdeutsch. Worin sich auch Herkunft und Leben des Autors von «Vrenelis Gärtli» widerspiegeln: Tim Krohn wurde in Nordrhein-Westfalen geboren und wuchs im Kanton Glarus auf.
Mariili und Vreneli
«Die meisten haben nur die bare Seel», so heisst es einmal im Stück. Gemeint ist damit, dass es im Gegensatz dazu auch noch jene gibt, die mehr haben als die schlichte Seele eine «Tierli-Seel» nämlich, die sie umherstreifen und wilden Träumereien folgen lässt. Im Stück haben mindestens zwei Damen eine solche Seel: Das Mariili (gespielt von Inez Hochreutener) die einer Hummel und Töchterlein Vreneli (gespielt von Fabienne Huber und Barbara Hess) die eines Füchslis. Ob Tierli- oder bare Seel: Gemeinsam bewohnt man ein «Durcheinandertal», in welchem sich ein jeder eine Ord- nung wünscht und dennoch stets von neuem ein «Gnuusch» anrichtet. Voll «Gnuusch» ist auch die Handlung, weshalb es schlau ist, das Bühnenbild (Sandra Kull & Ensemble) schlicht zu halten und bei den Schauspielern auf starke Mimik und akzentuierte Sprache zu setzen, Gesang inklusive. Christov Rolla, zuständig für die Musik, hat eine Melodie gefunden, die sich wie ein roter Faden durchs Geschehen zieht, oftmals gesummt vom Bersiäneli (gespielt von Sandra Kull).
Und der Herrgott jammert
Diese einäugige Zauberkünstlerin, die schon lange sterben will, ist der zweite rote Faden des Stücks. Die Stimme hoch und schrill, der Blick meist verdrossen und Glarnergletscher-müde, so sitzt das Bersiäneli abgeklärt auf seinem Holztreppchen und entlockt seinem Waschbrett die nötigen Zwischentöne. Und auch der Herrgott (gespielt von Klaus Frick) lässt sich auf dieser Bühne nicht aus der Ruhe bringen: «Ehebruch, Kreditkartenbetrug, bei Rot über die Ampel was sind denn das für Sünden?», jammert er in seinen weissen Bart. Was den Menschen im «Durcheinandertal» zu schaffen macht, davon erzählt der Fessisbauer (gespielt von Rémy Frick): «Ein weiterer Sommer, in dem alles verdorrt und der armen Leute Kinder die Weiden abgrasen wie Vieh.» Dafür leuchten die Augen vom Mariili «gelb wie Heu» und die Augen vom Vreneli «bergseeblau». Was glänzt, ist auch die Spielfreude der Darsteller. Regisseur Rafael Iten, der schon zum 13. Mal mit den Zuger Spiillüüt zusammenarbeitet, bekommt zuletzt ein dickes Lob von Rémy Frick: «Du hast den Höllentrip durch ‹Vrenelis Gärtli› einigermassen heil überstanden.» Ein grosses Kompliment gebührt auch der Maske (Elsbeth Limacher) und den Kostümen (Agatha Imfeld). Zuschauerin Lydia Camenisch aus St. Gallen findet: «Das Stück ist super, es verstärkt noch die Bilder des Buchs und ist mit sehr viel Humor umgesetzt.» (Susanne Holz)
Hinweis«Vrenelis Gärtli» und die Zuger Spiillüüt im Burgbachkeller in Zug: 17., 22., 23., 24., 28., 29., 30. Januar; 1., 4., 5., 6., 7., 8., 12., 13., 14. Februar. Je um 20 Uhr. An den Sonntagen, 1. und 8. Februar, um 17 Uhr. Derniere Samstag, 14. Februar, 20 Uhr. reservation@zuspi.ch