Digitale Erfahrung bringt Impulse

Kunst & Baukultur

,

Der Wahlberliner Albert Merz (79) aus Unterägeri zeigt im Rahmen einer Doppelausstellung seine Werke in Zug.

  • Die Arbeit habe ihn zu einer «völlig anderen Farbigkeit» geführt, sagt Albert Merz. (Bild Jan Pegoraro)
    Die Arbeit habe ihn zu einer «völlig anderen Farbigkeit» geführt, sagt Albert Merz. (Bild Jan Pegoraro)

Zug – Der Stil ist unverkennbar bei Albert Merz. Das ist auch über die Jahre so geblieben. Dennoch gelingt es ihm, mit bald 80 Jahren noch neue Akzente in seiner Malerei zu setzen, wie die beiden aktuellen Ausstellungen «rückwärtsvorwärts» zeigen, die seit letztem Samstag in der Galerie Renggli in Zug und seit Dienstag im Verwaltungsgebäude 1 laufen.

Der Titel der Ausstellung verdeutlicht, dass sich der Künstler Gedanken über die eigene Arbeit – und seinen Nachlass macht. So schreibt der Wahlberliner, der in Unterägeri aufwuchs, im Vorwort: «In meinem Alter sieht man das Ende, aber auch den Anfang. Es beginnen die Blicke zurück und man erkennt Lebensthemen, die einen immer wieder oder immer noch begleiten.» Und doch wolle man nicht immer wiederholen, sondern sich weiterentwickeln.

Wieder mehr Kohlezeichnungen

Die Lebensthemen von Albert Merz wie Linien, Gefässe und Berge sind in den Werken bei Renggli erkennbar. Bei den grossen Bildern «Ritual» und «Nucleus» im Eingangsbereich fallen neben den Gefässen die hellen Farben auf, zudem setzen hier Linien mit Kohlestiften weitere Akzente. Beim Rundgang sagt der Künstler dazu: «Durch den Rückblick habe ich wieder richtig Lust auf die spontane Art der Kohlezeichnung erhalten, die viel Emotionen und direkte Aktion zulässt.» Beim «Tuntschi» sind Variationen von Frauenfiguren erkennbar, die um einen dunklen Berg tanzen, der bei ihm für das männliche Symbol steht.

«Corona hat mich nicht eingeschränkt», sagt Merz. Im Gegenteil, er habe in dieser Zeit intensiv am PC gearbeitet, was ihm neue Impulse brachte. Durch einen Kunst-am-Bau-Auftrag in Ulm habe er erstmals Fotos in seine Arbeit miteinbezogen. «Dies hat mich zu einer völlig anderen Farbigkeit geführt.» Dabei verweist er auf eine Druckserie, wo er frühe Zeichnungen und Fotos zu farbstarken Kompositionen hinter Glas gestaltet hat. «Am Tablet konnte ich mit dem Zeichnungsstift die Dicke und Farbe genau bestimmen. Das hat echt Spass gemacht und ermöglicht fast unbegrenzte Kreationen», sagt Merz. Diese Erfahrung hat auch die Serie Revisited beeinflusst. Hier hat er ältere Bilder – eines ist von 1999 –, die seinem heutigen Anspruch nicht mehr gerecht werden, schwarz und dann weiss übermalt und mit starken Farbakzenten ergänzt, was die früheren Reliefmalerei noch erkennen lässt. Mit dem Reset gelingt ihm eine Synthese vom Jetzt zum Vergangenen.

Anregendes Künstlergespräch

An der Vernissage am vergangenen Dienstag im Verwaltungsgebäude 1 wies Kantonsbaumeister Urs Kamber darauf hin, dass im nebenan liegenden Gerichtsgebäude das grosse, prägnante Wandbild ebenfalls von Albert Merz stamme. Im Foyer 1 und in der Cafeteria zeigt der Künstler die Serie Skagen und einige neue Drucke hinter Acrylglas. Heinz Stahlhut, Direktor des Hans-Erni-Museums in Luzern, kam beim Künstlergespräch mit Merz auf die unterschiedlichen Macharten der Bilder zu sprechen und fragte, ob er wegen der neuen Arbeiten am PC ein Digitalmaler werde, was Merz aber lachend verneinte: «Ich werde nie die Leinwand verlassen. Die Arbeit am PC war für mich wie ein Spiel, es gehört dazu, neugierig zu bleiben. Ich bremse mich auch nicht mehr und probiere Neues aus.»

Stahlhut sprach ihn noch auf Linien, Gefässe und Formen in den Bildern an. Für Albert Merz sind die Striche Lebenslinien, die habe er schon in London entwickelt. Ja, er wolle Lebenssymbole darstellen. Zudem strebe er in der Malerei nach Harmonie und er leugne nicht, dass er gerne schöne Bilder mache, aber auch das Ambivalente liebe. Zu den vielen Triptychen und den Serien sagt er: «Ich male nie ein Bild alleine, sondern gleichzeitig an mehreren, das gehört zu meinem Arbeitsprozess.» (Monika Wegmann)

Hinweis
Die beiden Ausstellungen von Albert Merz laufen bis 20. November in der Galerie Renggli in der Oberaltstadt und im Verwaltungsgebäude 1, Aabachstrasse 5, Zug.