Amorphe Licht-Klang-Skulpturen kennen keine Grenzen
Theater & Tanz, Musik
Millionen Lichtjahre im Einmachglas und ein Flügel, gespielt ohne Hände. An den 3-Klang-Tagen scheinen sich Raum und Zeit aufzulösen.
Zug – Die 3-Klang-Tage Zug lassen sich auch bei wiederholtem Versuch nicht schubladisieren. Und genau das ist das Schöne an diesem einzigartigen kleinen Festival mit wechselnder lokaler und internationaler Besetzung, das in mehr oder weniger regelmässigen Abständen die Gewölbe des Burgbachkellers belebt. Ein Konzept im engeren Sinne gibt es nicht, weshalb das an drei Abenden stattfindende Spektakel aus Freiheiten und somit unerwarteten Wendungen und Überraschungen besteht. Einzig eines ist jeweils gleich: Die 3-Klang-Tage sprechen mehrere Sinne an, es fliessen Komposition und Improvisation ineinander über und vereinen sich mit Bewegung/Performance und Licht in allen erdenklichen Wechselwirkungen. In gewissen Momenten wird das Geschehen auf der Bühne und im gesamten Raum wie ein amorphes Gebilde wahrgenommen, eine haptisch nicht fassbare Klang-Licht-Raum-Skulptur. Klare Übergänge zwischen den einfliessenden Kunstrichtungen scheinen nicht mehr zu existieren, und genau mit diesen Grenzen oder eben Nichtgrenzen spielen die 3-Klang-Tage bewusst. Raum und Zeit scheinen sich in manchen Momenten völlig aufzulösen.
Einmal mehr haben die Zuger Musiker Hildegard Kleeb und Roland Dahinden zusammen mit Roland Schlumpf vom Theater Burgbachkeller Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Richtungen vereint, welche mit ihren Beiträgen dieses audiovisuelle Erlebnis mitformen.
Lichtjahre im Einmachglas
Das Leitmotto der diesjährigen 3-Klang-Tage geht auf den italienischen Perkussionisten und Komponisten Leonzio Cherubini zurück: «(In)determinacy» (engl. für Unbestimmtheit). Cherubini ist mit dem gleichnamigen Projekt Teil des Geschehens im Burgbachkeller – sein Trio für Perkussion, Saxofon, Posaune und Klavier folgt einer rudimentären grafischen Notation auf iPads, was den Interpreten einen roten Faden vorgibt, ihnen dabei jedoch weitgehend freie Hand lässt bei der Umsetzung.
Für einen stark stimmungsbildenden, visuellen Akzent sorgt an jedem der drei Abende die gebürtige Zuger Künstlerin Yvonne Christen Vágner. Ihre Installationen sind so sphärisch wie sinnlich. Seien es fernöstliche Teetassen auf einem weissen Tisch, die 3-D-Bilder, Fotografien oder Wachsbilder enthalten und Bildfragmente zeigen, welche mit Erinnerungen assoziiert sind. Oder seien es mit Wasser gefüllte Einmachgläser, die mystische Bilder von Sternennebel aus den Weiten des Universums enthalten und Millionen von Lichtjahren in einem kleinen Raum konservieren. Weitere Kreationen der Zugerin sind unter anderem ein Schneesturm im Licht oder ein Lichterbeben auf weissem Grund.
All diese visuellen Elemente fungieren einerseits als Kulisse für den Tanz von Ayako Kato und Fine Graffenhorst und für die Klangbeiträge von Urs Leimgruber, Leonzio Cherubini, Roland Dahinden und Hildegard Kleeb. Andererseits sind die Installationen nicht nur Bühnenbild, sondern ebenbürtiger Teil des Gesamten. Viele der Projektionen beruhen auf einem Zufallsprinzip als Voraussetzung für die Unvorhersehbarkeit. Am Schluss der 3-Klang-Tage steht das «White Peace» mit Hildegard Kleeb. Die Schweizer Performancekünstlerin Mio Chareteau hat das Stück eigens für die Zugerin konzipiert. In einem schwarzen Kleid sitzt die Pianistin an einem schwarzen offenen Flügel und lässt diesen kontinuierlich einzig durch weisse Papierkarten erklingen – bis zum Verstummen. Das Ganze entschwindet sinnlich in der Stille.
Damit sich das Publikum in Raum und in Zeit nicht so weit verliert, dass es nicht mehr in die reale Welt und nach Hause zurückfindet, wird es jeweils am Ende des Abends mit Käse und Brot zurück auf den Boden geholt – rustikal und schmackhaft.
Jeder fühlt sich frei und wohl
«Die Planung der 3-Klang-Tage erfolgt stets mit grosser Sorgfalt», sagt Hildegard Kleeb. «Aber wohin die Reise schliesslich geht, ist nie absehbar.» Das hängt nicht zuletzt von den Performern ab, was sie draus machen. Kleeb: «Jeder kennt das Konzept und bereitet sich auf ganz eigene Weise darauf vor. Es ist stets ein sensibles Aufeinandereinschwingen.» Man findet also eine gemeinsame Linie, bleibt aber trotzdem vollkommen selbstständig im eigenen Tun. «Solange sich jeder frei und wohl fühlt, kommt das gut», sagt Hildegard Kleeb. Und zu diesem Wohlfühlen trägt auch die enge Zusammenarbeit mit dem Burgbachkeller als Austragungsort bei. «Es ist der perfekte Ort für die 3-Klang-Tage, und das Team kümmert sich stets tatkräftig um ein gutes Gelingen.»
Am kommenden Donnerstag, 28. April, gehts los. An drei aufeinanderfolgenden Abenden, jeweils ab 20 Uhr, wird das Kellertheater zum magischen Ort. Nähere Informationen gibt es unter www.burgbachkeller.ch (Andreas Faessler)