In diesem Kulturspektakel ist ernorm viel Schwung drin

Theater & Tanz, Musik

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Während 30 Stunden hiess es im Theater Casino «Lampenfieber». Mitgefiebert haben über 1000 Personen.

  • Lindy Hop: Valérie Bissig und Veit Hailperin zeigen, wies geht. (Roger Zbinden)
    Lindy Hop: Valérie Bissig und Veit Hailperin zeigen, wies geht. (Roger Zbinden)

Zug – «Wir wussten nicht, was auf uns zukommt», erklärt Imelda Beer und strahlte. Sie ist Projektleiterin des 30-Stunden-Kulturspektakels in Zug. Ein bunteres und fröhlicheres Publikum hätten sich die Verantwortlichen wohl kaum wünschen können. Und es erschien zahlreich. Von Samstagvormittag bis Sonntagnachmittag luden zahlreiche Acts, Workshops, Interpreten, Künstler kurzum alles, was spannend und originell war – zum Ausprobieren, Konsumieren und Staunen.

Tanzen wie vor 80 Jahren

Da wäre beispielsweise der Lindy-Hop-Workshop vom Samstagabend. Lindy Hop, der fröhliche Tanzstil aus dem Amerika der 1930er-Jahre: die Menschen waren in Aufbruchstimmung, die Herren trugen Schiebermützen, die Damen zeigten sich elegant weiblich. Der Crashkurs im Theater Casino ist gut besucht. 15 Paare versuchen die Schrittfolgen von Veit Hailperin und Valérie Bissig nachzutanzen. Während Tanzlehrer Veit den Interessierten erklärt, was «Swingout» bedeutet, steht unten im Foyer eine Dame im Abendkleid und schaut sich ratlos um. Sie suche ihre Begleitung, die «irgendwie verloren gegangen ist». Derweil zwei Twens munter einen Hot Dog bestellen und ein Selfie machen. Am Eingang möchte ein Amerikaner wissen, wann und wo der Workshop «Antilampenfieber» mit Star-Comedian Rob Spence stattfinde. Aus dem Theatersaal dringen Klänge der Bigband der Kanti Zug, während es an der Kasse gerade zu einem kleinen Stau kommt: Eine Familie will vergeblich mit Kreditkarte zahlen. Die Mitarbeiterinnen beruhigen die verunsicherte Mutter professionell.

250 Künstler in 30 Stunden

Eine solch grosser Anlass muss koordiniert werden. Projektleiterin Imelda Beer und ihr Team haben monatelang auf diese 30 Stunden hingearbeitet. Alleine die Rekrutierung der über 250 Künstler hat viele Wochen in Anspruch genommen. Warum wurden es aber letztendlich 30 Stunden Kultur? «Wir wollten, dass möglichst immer mindestens zwei bis drei Events zeitgleich stattfinden, und dies auf konstant hohem Niveau. Letztendlich war dies einer der Gründe, warum es 30 Stunden und nicht sogar 36 Stunden wurden.» Zudem sei der Personalaufwand für die Festivitäten enorm. Gibt es denn jemand, der die ganzen 30 Stunden durchhält? «Das wäre natürlich toll, aber mir ist niemand bekannt, der ohne Pause am ganzen Spektakel teilnimmt», so die Projektleiterin. Dies ist wohl auch nicht der Sinn der Sache, vielmehr geht es darum, die Vielfalt der Zuger Künstler zu zeigen und vielleicht auch die Worthülse «Kultur» etwas zu entstauben. Und auch dies ist gelungen.

Gleichzeitig im Obergeschoss: Bei Valérie und Veit swingt es mittlerweile so richtig, die Teilnehmer ein bunter Generationenmix – schwitzen und haben Spass, derweil die beiden Profis zeigen, wie verspielt und fröhlich der Tanz sein kann. Überhaupt herrscht eine warme und herzliche Stimmung, die Energie der Künstler und der Besucher ist förmlich spürbar. Dieser Eindruck bestätigt auch Imelda Beer: «Die Atmosphäre empfinden wir als äusserst angenehm und gelöst – es scheint so, dass wirklich alle Spass haben.» Vielleicht liegt es ja daran, dass jeder kann und niemand muss.

Die Qual der Wahl

Auf den grossen Monitoren im Foyer wird gezeigt, was als Nächstes ansteht. Ein Hipster-Paar kann sich nicht entscheiden, steht mit einem Glas Wein in der Hand auf der Seeterrasse und schaut auf den grossen Veranstaltungsplan. Manch einem wird wohl zum ersten Mal so richtig klar, über wie viele Räume das Theater Casino Zug verfügt und wie vielfältig die hiesige Kulturszene ist.

Einen besseren Auftakt zur neuen Theatersaison hätte man sich wohl kaum wünschen können, fanden doch laut Imelda Beer total rund 1300 Besucherinnen und Besucher den Weg ins Casino. Dennoch: Ob das 30-Stunden-Kulturspektakel nächstes Jahr wieder stattfinden wird, ist derzeit noch unklar. Die nächste Umbauetappe des Theater Casino steht im nächsten Jahr an. Imelda Beer: «Wir werden uns entsprechend beraten und Möglichkeiten ausarbeiten.» (Haymo Empl)