Ein «Stadtoriginal mit Weltruf» kehrt heim

Kunst & Baukultur

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2023 wäre der bekannte Zuger Grafiker, Illustrator und Maler Walter F. Haettenschweiler 90 Jahre alt. Dies hätte der 2014 Verstorbene gerne gross gefeiert. Jetzt kommt er posthum zu seinem Fest: Mit einer Hommage erwacht «Haetti» in seiner Heimatstadt noch einmal zum Leben.

  • Walter F. Haettenschweiler in seinem Künstlerhaus in Buonas, beobachtet von seiner Tochter Sasha und deren Cousin Christof. (Bild Nachlass Walter F. Haettenschweiler)
    Walter F. Haettenschweiler in seinem Künstlerhaus in Buonas, beobachtet von seiner Tochter Sasha und deren Cousin Christof. (Bild Nachlass Walter F. Haettenschweiler)

Zug – Im Herbst 2014 verlor Zug mit Walter F. Haettenschweiler eine seiner illustersten Künstlerpersönlichkeiten der vergangenen Jahrzehnte. Kurz vor seinem Tod im 82. Altersjahr soll er noch gesagt haben, dass er seinen 90. ganz gross feiern wolle. Am 3. Januar diesen Jahres wäre es für den Zuger Grafiker, Schriftentwerfer, Illustrator und Maler so weit gewesen.

Doch auch wenn Haetti nicht mehr unter uns weilt, so soll er auf sein Fest nicht verzichten müssen. Es wird in Form einer feierlichen Kunsthommage ausgetragen, hier in seiner geliebten Heimatstadt Zug – dies als persönlich und intimer geprägtes Folgeprojekt auf die grosse Haettenschweiler-Restrospektive im Zürcher Museum für Gestaltung, welche im Februar zu Ende gegangen ist.

Er hat Zug ein Gesicht gegeben

Unter der Überschrift «Universum Haetti» wird der Künstler in erster Linie mit der Stadt Zug in den Kontext gestellt. Obschon er schon früh bis weit über deren Grenzen hinaus bekannt war und mit seinem wegweisenden Werk international den Ruf eines Grafikpioniers erlangt hatte, war seine Kreativität vor allem in und um Zug hoch gefragt. Über Jahrzehnte hinweg hat er mit seinen Typografien das Bild der Stadt geprägt – bis heute trifft man buchstäblich an jeder Ecke Zugs auf Walter F. Haettenschweiler: Logos und Schriften vieler alteingesessener Zuger Unternehmen und Vereine sind in seinem Atelier an der Schanz entstanden. Sie sind bis heute deren identitätsstiftendes Erkennungszeichen geblieben.

Doch Haetti war weit mehr als der erfolgreiche Gestalter hinter diesen Erkennungsmarken. Als charismatische und offene Persönlichkeit, die es liebte, sich in der Stadt und unter Leuten zu bewegen, zahlreiche Kontakte knüpfte und sie aktiv pflegte, galt der Mann mit dem Stumpen im Mundwinkel als echtes Zuger Stadtoriginal. «Ein Stadtoriginal mit Weltruf», präzisiert es Haettenschweilers Tochter Sasha schmunzelnd. Sie hat das mehrteilige Zuger Gedenkprojekt angestossen und tritt als Hauptorganisatorin ins Bild.

Zahlreiche Unterstützer sind mit im Boot

Es sei anfänglich als kleines Familienprojekt geplant gewesen, indem Haettenschweilers Garage mit der typischen originalen Haetti-Einrichtung und Sammlerobjekten der Öffentlichkeit hätte gezeigt werden sollen, ganz nach Manier der Fischli/Weiss-Rauminstallationen. «Im Zuge der Planung hat sich jedoch eines nach dem anderen entwickelt und ergeben», fährt Sasha Haettenschweiler fort. «Schliesslich waren Stadt und Kanton wie auch zahlreiche weitere Unterstützer mit im Boot.»

Sie ist überzeugt, dass diese grosse Bereitschaft nicht zuletzt daher rührt, dass sich noch viele Zugerinnen und Zuger an die Dienste ihres Vaters erinnern, sie auch selber in Anspruch genommen haben und das offene und freundschaftliche Verhältnis mit ihm schätzten. «Die meisten von ihnen waren mehr als einfach nur Kunden. Da herrschte ein grosses Grundvertrauen. Oft genügte ein einfacher Handschlag», erinnert sich die Tochter. «So kommt jetzt für das, was er in Zug über all die Jahre geleistet hat, etwas zurück. Das ist schön.»

Einerseits ist es für sie selbst, die zeitlebens sehr eng mit ihrem Vater verbunden war, ein persönlicher Abschluss. Andererseits kehrt Haetti auf diese Weise noch einmal nach Zug zurück – um jetzt eben seinen 90. Geburtstag zu feiern.

Einblick in Haettis Leben und Schaffen

«Universum Haetti» legt den Fokus nicht – wie die Retrospektive in Zürich – auf das typografische und wissenschaftliche aufgearbeitete Schaffen des Zugers, sondern auf sein künstlerisches Werk. Die Hommage besteht aus fünf Teilprojekten, an denen die Kinder des Künstlers selbst aktiv mitwirken: Die oben erwähnte Garage an der Schanz wird von Samuel Haettenschwiler und Claudia Breitschmid zu einer Rauminszenierung mit interaktiver Komponente gestaltet. Zudem präsentieren die beiden eine gemeinsam erarbeitete Fotocollage.

Derweil rekonstruiert David Haettenschweiler im Hirschensaal das Atelier sowie die Werkstatt des Vaters mit digitaler Technik als virtuelle Räume. Und auf dem Postplatz drückt Sasha Haettenschweiler mit bedruckten Textilien – poetisch im Wind leicht schwebende Stoffgebilde – symbolisch Anerkennung und Ehrung des Vaters aus.

Kunst-Sammel-Box in limitierter Auflage

Ergänzend zu all dem haben Thomas Rhyner und Sasha Haettenschweiler eine Kunst-Sammel-Box in limitierter Auflage gestaltet mit je über 90 ausgesuchten Beiträgen von Haettis Schaffen in Kunst, Grafik und Typografie. Ein faltbarer Stadtplan – ursprünglich von Haettenschweiler anno 1960 gezeichnet und nun neu überarbeitet – führt Interessierte an ausgewählte Orte, wo man Walter F. Haettenschweiler «begegnen» kann. «Ihm begegnen als Person, als ‹Stadtoriginal› und sein Umfeld erleben, seine Denk- und Arbeitsweise erfassen, seine Visionen, Wünsche, Inspirationen und seine Wirkung auf Dritte – all das wird noch einmal erlebbar», führt Sasha Haettenschweiler aus.

Begleitet wird die vom 9. bis 19. März dauernde Hommage von einem Rahmenprogramm mit Stadtführungen, Performances, thematischen Anlässen sowie einer Ausstellung von ausgewählten Kunstwerken in der Galerie Renggli. Die Eröffnung findet am Donnerstag, 9. März, um 17.15 Uhr auf dem Postplatz statt in Anwesenheit unter anderem von alt Stadtpräsident Karl Kobelt und den beiden Kulturverantwortlichen für Stadt und Kanton Zug. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis Alles zum Projekt und zum Rahmenprogramm unter www.hommage-haettenschweiler.ch