Ein Blick hinter die Kulissen des Staatsarchivs

Brauchtum & Geschichte

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Der Verein Zuger Stadtführungen hat den Teilnehmenden das Langzeitgedächtnis des Kantons nähergebracht.

  • Das Staatsarchiv Zug. (Archivbild Stefan Kaiser)
    Das Staatsarchiv Zug. (Archivbild Stefan Kaiser)

Zug – Wegen des Andrangs durfte der Verein Zuger Stadtführungen mit Protagonist Ulrich Fritsche im Rahmen seiner Reihe «Öffentliche thematische Zuger Stadtführungen» hoch motivierten Gästen gleich zweimal das Staatsarchiv im Detail präsentieren. Alsbald erhielten sie Klarheit darüber, welch wesentlichen Beitrag zur Geschichtsschreibung Archivarinnen und Archivare erbringen.

Jedes Gesetz, jeder Entscheid der Regierung, jedes Gerichtsurteil, jeder Grundbucheintrag – alles, was gilt und gegebenenfalls bewiesen werden muss, findet sich im Staatsarchiv – ergo geht dessen Bedeutung weit über die landläufige Vorstellung einer Schatztruhe historischer Urkundensammlungen hinaus, bildet es doch einen Hort der Rechtssicherheit, einen Ort des öffentlichen Gedächtnisses mit einer räumlichen Ausdehnung von 7,5 Kilometern. Übrigens liegen hier neben Urkunden auch Drucke, Verträge, Tonträger und weitere Informationsmittel. Wie Staatsarchivar Ernst Guggisberg ausführte, befanden sich diese im Schatzturm, im Rathaus, im Privathaus des jeweiligen Landschreibers, ehe der Kanton 1872 sein Archiv im Regierungsgebäude einrichtete. Seit 1991 existiert der heutige Standort im Verwaltungszentrum an der Aa.

Das gegenwärtige Aussenmagazin an der Hofstrasse erfährt bis 2027 einen Ausbau, wonach es die gesamten Bestände, von Ernst Guggisbergs als Kulturgut bezeichnet, aufzunehmen vermag. Als Hauptaufgaben des erst seit 1979 personell dotierten Staatsarchivs bezeichnet er die Überlieferungsbildung (Redaktion), die Erschliessung und Erhaltung des Bestandes sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Staunenerregend fügt er die Flutverdichtung an, indem das Team 90 Prozent der eingehenden Akten vernichtet.

Aussonderung von Einrichtungen

Das Archivgesetz von 2004 unterscheidet öffentliche Akten, solche mit Verwaltungsrelevanz mit 36 Jahren und weitere mit Personenrelevanz mit 100 Jahren Schutzfrist. Das 2014 erlassene Öffentlichkeitsgesetz bestimmt die abliefernde Stelle und nicht das Archiv als zuständig für die Behandlung der Akteneinsichtsgesuche. Im Staatsarchiv gibt es einen öffentlichen Bereich mit Lesesaal, Bibliothek, Zimmern für Forschende und Beratungsgespräche, Erschliessungsbüros, einen halböffentlichen Bereich sowie einen Sicherheitstrakt. Genau jenen durften die Gäste betreten und eine durch Philippe Bart kuratierte kleine Ausstellung betrachten.

Er wirkt als Gemeindearchivar Baars und im Staatsarchiv als Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit und Bearbeitung von Anfragen und zeigte wohldokumentiert auf, welche Institutionen im Gebiet der Aa und deren Umland die Exekutive ansiedelte, so eine Strafanstalt (von 1882/83), ein Absonderungshaus (von 1908) für Leidende an leicht übertragbaren Krankheiten, ein Siechenhaus (bis 1750), ein Armenhaus (bis 1812), in der Folge Bürgerasyl, eine Richtstätte für das Hochgericht von Stadt und Amt Zug mit Vollstreckung von Hinrichtungen zwischen 1810 und 1847, den Zuger Galgen, ein Domizil für den Scharfrichter, für den Kirchen und Wirtschaften separate Plätze bereit hielten.

Auch Vereine können Akten einliefern

Bart beantwortete zahlreiche Fragen aus dem Publikum, welches zum Beispiel erfuhr, dass Vereinsvorstände ohne spezielle Formalitäten, aber nach Voranmeldung, Akten einliefern können, welche er zusammen mit ihnen einer gründlichen Sichtung und Ordnung unterzieht, wonach ein Entscheid über Zuständigkeit, Aufnahme und gegebenenfalls vertraglich geregelte Art und Weise der Archivierung erfolgen.

Für den Verein Zuger Stadtführungen: Jürg Johner