Brahms’ Thuner Werke
Musik
Das zweite Konzert der Sommerklänge brachte in Cham drei bekannte Werke von Johannes Brahms. Für Esther Hoppe, Christian Poltéra und den Pianisten Ronald Brautigam war es gewissermassen ein Heimspiel.
Cham – Esther Hoppe ist in Cham aufgewachsen, Christian Poltéra in Zürich und Ronald Brautigam in den Niederlanden. Die Drei sind seit einigen Jahren aber immer wieder als Trio zu hören. Damit schufen sie im Laufe von rund zehn Jahren jene gegenseitige musikalische Vertrautheit, wie sie gerade bei romantischen Klaviertrios für ein abgerundetes Musikerlebnis unerlässlich ist. Einen wichtigen Anteil am Gesamteindruck leisteten unter berufener Hand auch die beiden Stradivari-Streichinstrumente. Verglichen mit den modernen Konzertinstrumenten erreichte der Blüthner-Flügel von 1859 fast den gleichen Klangcharakter, aber nicht ganz das heutige Tonvolumen.
Johannes Brahms hat die Sonate in F-Dur für Cello und Klavier Opus 99, die Sonate in A-Dur für Violine und Klavier Opus 100 sowie das Klaviertrio in c-Moll Opus 101 fast gleichzeitig abgeschlossen, nämlich bei einem Erholungsaufenthalt in Thun. Die stilistische Unterschiedlichkeit dieser drei Werke dokumentierte aber gleichzeitig die Arbeitsweise des Komponisten: Vieles liess er nach ersten Skizzen und Teilmanuskripten wieder liegen, manchmal über Jahre oder sogar Jahrzehnte, bis es für Uraufführung und Druck vollendet wurde.
Cellopart mit grossem Tonumfang
Brahms war auch ein hervorragender Pianist, was im opulenten und spieltechnisch oft anspruchsvollen Satz seinen Niederschlag fand. Widmungsträger suchte er daher nur unter Streicher- und Bläserstimmen. Für die Cello-Sonate war dies Robert Hausmann (1852–1909), einer der besten Cellisten seiner Epoche, mit einer gewissen Ähnlichkeit in der äusseren Erscheinung wie Christian Poltéra. Schon in den ersten Einsätzen brachte der Notentext mit wenigen auftaktartigen Einwürfen einen riesigen Tonumfang für das Streichinstrument. Die Sechzehntelpassagen des ersten Satzes lagen aber fast ausschliesslich beim Klavier. Die Führung durch das Cello erfolgte vor allem im zweiten Satz und im Mittelteil des dritten.
Wenn den Kammermusikwerken von Brahms manchmal eine gewisse Klavierlastigkeit vorgeworfen wird, so ist neben etwas Eitelkeit des Komponisten, das eigene Spiel gebührend ins Zentrum zu rücken, auch der Klang des Tasteninstruments angemessen zu würdigen. Das etwas kleinere Volumen des Hammerflügels von 1859 rückte vieles wie automatisch in ein angemessenes Gleichgewicht. Dies wurde vom Pianisten zusätzlich durch sparsamen Pedalgebrauch unterstützt.
Wie der Nachvollzug von Esther Hoppe zeigte, ist auch der Violinton kräftiger geworden. Neben dem Können der Interpretin trugen der erhöhte Kammerton «a», die grössere Saitenspannung und der Übergang von den Darm- auf Metallsaiten ebenfalls dazu bei. Damit gelang eine nach den Proportionen und der heiteren Grundstimmung meist vollgültige Interpretation. Einzig der Versuch eines orchestralen Schlusses wirkte etwas aufgesetzt.
Von allem bereits Gehörten bildete das Trio Opus 101 gewissermassen die Synthese. Viele Oktavparallelen der Streicher vor allem im ersten Satz symbolisierten orchestrale Elemente, ähnlich wie bei dem als Zugabe gespielten zweiten Satz aus Opus 87. Das voll Kammermusikalische überwog dann vor allem im dritten Satz, wo die Streicher in längeren Passagen auch unter sich waren.
Von Moll zu Dur
In diesem lichtete sich das herbe c-Moll zu einem versöhnlichen C-Dur. Das Schwanken in Aussage und Stil erinnerte an die persönliche Situation des Komponisten. Er verzichtete ganz bewusst auf die Komposition einer weiteren Sinfonie, und entgegen den Wünschen aus seinem sozialen Umfeld wagte er sich nie an eine Oper heran.
In kurzen Worten schilderte Thomas Aebischer die frühere Funktion und die architektonische Bedeutung des Kalandersaals innerhalb der Papierfabrik. Der grosse Negativpunkt: Ab 2026 wird der akustisch günstige Raum umgenutzt und steht dann nicht mehr für kulturelle Aktivitäten zur Verfügung. (Text: Jürg Röthlisberger)