Wegweisende Architektur-Ikone
Dies & Das
Wegen ihres dreieckigen Grundrisses tragen die zwei Wohntürme eingangs Dorf den Übernamen eines Schweizer Exportschlagers. Nun wird den über 50-jährigen Bauwerken kunstgeschichtliche Ehre zuteil.
Oberwil b. Zug – Als die beiden Leimatt-Hochäuser in den Jahren 1961 und 1962 errichtet wurden, waren sie so was wie der letzte Schrei der Architektur. Hypermodern und zukunftsweisend. Und selbst heute, nach über einem halben Jahrhundert, sind die wegen ihres Dreiecksgrundrisses «Toblerone» genannten Hochhäuser der erste Blickfang Oberwils. Die beiden auffallenden Wohntürme markieren den südlichen Dorfeingang und versprühen mit ihrer kantigen Erscheinung selbst heute noch etwas futuristisch Anmutendes. Die Konzeption der beiden rund 14-geschossigen Bauten verfolgte nicht etwa nur einen ästhetischen, sondern gleichsam einen praktischen Zweck. Der trianguläre Grundriss ermöglicht es, dass jede der drei Wohnungseinheiten pro Etage mit spitz zulaufenden Eckloggien auf zwei Seiten hin Fensterfronten aufweist.
Die Pläne für die «Toblerone»-Hochhäuser stammen von den beiden hauptsächlich in Zug tätigen Architekten Rudolf Meuli und Fritz Stucky. Letzterer hatte das so genannte Variel-System entwickelt, eine Bauweise mit Teilen aus Fertigbeton, welche seinerzeit in der Schweiz grosse Beliebtheit erfuhr und auch bei den Leimatt-Hochhäusern in Oberwil zur Anwendung gekommen ist. Die gesteigerte Nachfrage nach preiswerteren Bauweisen in den folgenden Jahren aber verdrängte das Variel-System zunehmend in den Hintergrund. Bei den Häusern in Oberwil setzt dieser helle Sichtbeton zusammen mit den weinroten Rollläden einen starken Akzent in der grünen Landschaft. Ein Bebauungsplan von 1993 sah vier Analogbauten zu den beiden «Toblerone»-Türmen vor. Doch lehnte der Stadtrat diese Vorlage ab mit der Begründung, dass dies zu viel des Guten wäre. Ein überarbeitetes Konzept umfasste darauf sechs würfelförmige Wohnbauten mit 50 Wohnungen, die sich bergseitig an die Leimatt-Hochhäuser anschliessen. Bauherrin war die Gemeinschaft der Barmherzigen Brüder. Die Aufrichte erfolgte im Frühsommer 2005.
In den 90er-Jahren wurden die beiden damals knapp etwas über 30 Jahre alten Türme vom Kanton Zug mit dem Prädikat «gute Architektur» ausgezeichnet. Und 2013 nahm der Schweizer Heimatschutz die über dem Zugersee thronenden Bauwerke in die Reihe der 50 schönsten Schweizer Architekturbeispiele der Jahre 1960 bis 1975 auf. Mit einem Beitrag in einer neulich erschienenen Publikation ehrte die Organisation die Wohnhäuser. Dort heisst es, die zwei Türme würden als weithin sichtbare Akzente auf die Ausdehnung der Besiedlung hinweisen. Ebenfalls in die Publikation des Schweizer Heimatschutzes aufgenommen wurde zudem die Wohnsiedlung am Rothusweg von den Architekten Peter Kamm und Hans Kündig aus den Jahren 1970 bis 1972. (Andreas Faessler)
HINWEISMit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach.