«Flower-Power» aus Zug für Astana

Kunst & Baukultur

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Ihre berufliche Laufbahn ist seit Jahren eine Erfolgsgeschichte: Derzeit sorgt die Zugerin Claudia Caviezel mit ihrem Wandbild im Schweizer Pavillon an der Expo 2017 in Kasachstan für Furore.

  • Claudia Caviezel lässt sich für ihr Textildesign auch vom Alltag inspirieren (Bilder Basil Stücheli)
    Claudia Caviezel lässt sich für ihr Textildesign auch vom Alltag inspirieren (Bilder Basil Stücheli)

Zug – Sie hat keinen einfachen Weg eingeschlagen, aber bestimmt den richtigen: Claudia Caviezel ist eine der bekanntesten und erfolgreichsten Textildesignerinnen in der Schweiz. Zu ihrem Weg gehörten und gehören viele intensive Reisen. Entsprechend finden sich in ihren Arbeiten Einflüsse aus Indien, Mexiko, der Türkei, China, Marokko, Italien und vielen anderen Orten. Beispielsweise Zug. Denn dort ist die 40-Jährige aufgewachsen, und auch das hinterlässt letztendlich irgendwie Spuren in Claudia Caviezels Schaffen. «Ich habe in Zug gelebt, bis ich 20 Jahre alt war», so die Designerin. «Meine Familie lebt dort, ich habe meine Wurzeln in Zug, und es ist für mich bei jedem Besuch immer ein Heimkommen.»

Damals hätte wohl niemand gedacht, dass die Zugerin mit ihren Designs einmal einen so durchschlagenden Erfolg haben würde. Obwohl: Die ersten Preise liessen nicht lange auf sich warten. Bereits im Jahr 2011 begann sie, für das renommierte Ostschweizer Modelabel Akris zu arbeiten. Praktisch gleichzeitig begann Claudia Caviezel Designs für das Atelier Pfister zu entwerfen, eine Marke des bekannten Möbelhauses mit dem Ziel, Schweizer Designerinnen und Designer zu unterstützen und (Textil-)Kunst alltagstauglich zu zeigen und zu verkaufen. Bei Claudia Caviezel sind das unter anderem Kissen mit bunten Prints, die in der Kollektion 2017 beispielsweise mit Wassermelonenschnitzen oder grünen Blättern bedruckt sind, die irgendwie an die unverwüstliche helvetische Standardzimmerpflanze der 1970er-Jahre erinnert: an den Gummibaum. «Das ist aber kein Gummibaum», protestiert die Designerin. «Es ist eine Monsterapflanze, und die steht in meinem Arbeitszimmer. Ich finde, es ist einfach eine extrem schöne Pflanze – das Grün, die Form der Blätter.» Inspiration holt sich die Designerin also nicht nur auf Reisen, sondern auch im direkten Umfeld. «Das ist so. Allein das tägliche Leben bietet so viel. Aber auch Handwerk oder ganz generell die Natur», so die Designerin weiter.

Grosse (Vor-)Bilder

In der Schweizer Designszene scheint es derzeit eher ruhig zu sein. «Das ist Ansichts- und Interessenssache», findet Claudia Caviezel. Und tatsächlich: Schaut man genauer hin, lebt die Szene. Sie macht das vielleicht nicht mehr mit so viel Getöse wie früher und auf anderen Kanälen – aber es gibt mehr Künstler in diesem Bereich, als man annehmen könnte. Ein gutes und eindrückliches Beispiel zeigt der Schweizer Pavillon an der Expo 2017 in Astana (Kasachstan). Die Expo läuft zwar unter dem Titel «Future Energy», das Motto des House of Switzerland an der Expo lautet aber «Flower-Power». Entsprechend hat Claudia Caviezel die Aussenfassade gestaltet. Bunt, sorgfältig und einfach schön. «Vor Ort in Astana war ich aber bisher noch nicht», sagt die ­Designerin. Zeit hätte sie dafür ­ noch bis 10. September. Angefragt wurde sie für diese Auftragsarbeit vom Atelier Oï, welches die Ausschreibung gewonnen hatte. Zuvor machte die Künstlerin bereits schon Wandbilder, welche in Peking, Schanghai oder Singapur zu sehen waren.

Schweizer Mode- und Textildesigner gehen oft ihren eigenen Weg. Andi Stutz mit seiner Fabric Frontline beispielsweise. Plötzlich wurden Frösche auf Seidenkrawatten salonfähig; Christa de Carouge erfand als Modeschöpferin das Bild der Frau neu. Sie ist ab Herbst mit ihren Designs – die mittlerweile Kunst und Kult sind – im Kunsthaus Zug vertreten. Davon lässt sich Claudia Caviezel weder beeindrucken noch irritieren. «Primär unterscheiden sich die etablierten Designer von unserer Generation durch ihr Alter.» Claudia Caviezel denkt kurz nach und ergänzt dann: «Um es etwas differenzierter auszudrücken – ich persönlich finde Christa de Carouge super, auch wenn ich mich anders kleide. Ich hatte mal die Gelegenheit, während der Ausbildung mit ihr den Abend zu verbringen. Sie macht ihr Ding, zieht es konsequent durch, hat es immer schon konsequent durchgezogen, und jetzt, nach vielen Jahren, sind ihre Arbeiten Kunstwerke.»

Claudia Caviezel schliesst ihren Gedankengang ab, wo er begonnen hat: beim Alter. Denn: «Hätte Christa de Carouge auch erst zwei, drei Kollektionen hinter sich und wäre Mitte 30, würde sich wohl kaum das Landesmuseum und das Kunsthaus ­dafür interessieren. Ein Werk besticht letztendlich auch durch Konsequenz und den Glauben an sich und die eigenen Werke. Das braucht Zeit, zu bestehen, denn nur so gibt man dem Umfeld auch den Raum, das Werk einordnen zu können.»

Ein Statement

Die Textilindustrie steht seit Jahren in der Kritik: Die Produktionsprozesse sind tragisch, die Präsentation der Kleider in vielen Fällen fragwürdig. Claudia Caviezel fasst diplomatisch zusammen: «Es ist ein Zirkus. Verschiedene Akteure agieren darin auf unterschiedliche Weise.» Und wo sieht sie sich selbst in diesem Zirkus? «Für mich bedeuten Mode und meine Arbeit letztendlich, dass es ein Statement ist, dass man sich wohlfühlt und durchaus auch mal anecken kann. Ich mache aber nichts, hinter dem ich nicht absolut stehen kann.» (Haymo  Empl)

Hinweis
www.caviezel.cc