Ein «symbolischer» Regenbogen für den Dorfplatz

Dies & Das

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Als in den 1990er-Jahren die neue Schul- und Mehrzweckanlage Merlischachen künstlerisch gestaltet werden sollte, siegte das Projekt des Zugers Daniel Bamert (†). Sein Prinzip: «alles fliesst».

Zug – Ist es ein orange-rot-gelber Triumphbogen? Oder ein Regenbogen, dem vier Farben fehlen? Er überspannt einen Teil des Merlischacher Dorfplatzes vor der Schul- und Mehrzweckanlage. Sein Anfang fusst auf einem mehrstufigen Brunnen mit quadratischem Grundriss, bei dem sich das Wasser über mehrere Kaskaden ergiesst.

Das Kunstwerk ist entstanden im Rahmen eines Wettbewerbs, welchen die Kulturkommission des Bezirks Küssnacht im Jahre 1994 ausgeschrieben hat für die Gestaltung der neuen Schul- und Mehrzweckanlage. Von den über 40 eingereichten Vorschlägen von Zentralschweizer Kunstschaffenden machte schliesslich der Entwurf des Zuger Künstlers Daniel Bamert (1941–2018) das Rennen – den zweiten und dritten Platz belegten mit Françoise Nussbaumer und Elso Schiavo zwei weitere Zuger Persönlichkeiten. Daniel Bamerts Siegerprojekt umfasst gestalterische Elemente im Inneren der Schulanlage wie auch im Aussenbereich. Im Falle des Letzteren ist unser schlanker «Regenbogen» mit Brunnen das augenfälligste Element. Aus allen vier Seiten des Bogenanfangs tritt Wasser aus acht schmalen Öffnungen, welches sich den Weg über die insgesamt sechs Chromstahlbecken zum Boden sucht – wie von der Quelle zum Meer.

Leben, Kraft, Liebe

Bei schönem Wetter schimmert und glitzert das fein über die Beckenwände rinnende Wasser silbern. Und wo Sonnenlicht auf Wasser trifft, entsteht bei geeigneten Konditionen ein Regenbogen. So wie bei Daniel Bamerts Projekt – auch wenn dieser auf vier der sieben Spektralfarben reduzierte Regenbogen eher symbolisch bleibt. Ursprünglich wäre geplant gewesen, auch den Bogen selbst chromfarben zu belassen, sodass er das Sonnenlicht beidseitig zu Boden führt. Später aber wurde das Ansinnen revidiert und die vier Seiten des Bogens mit den Farben der Gelb-Rot-Skala bemalt. Diese Farbtöne stehen für Leben, Kraft und Liebe. Am anderen Ende des Bogens findet sich eine stark abstrahierte Knospe, die sich zu öffnen im Begriffe ist: Vier nach oben hin gebogene Chromstahlbleche als Blütenblätter deuten diese an, sie verkleiden einen Notausstiege-Schacht, welcher so nicht mehr sichtbar ist, was auch des Künstlers erste Absicht war. Inspiriert hat Daniel Bamert die Formel «pantha rhei» – «alles fliesst» von Heraklit. Auf der einen Seite das Wasser als Verbildlichung des Fliessens, auf der anderen Seite das Wachstum, welches der Künstler ebenfalls als etwas Fliessendes interpretiert. Der Bogen verbindet diese beiden symbolhaften Elemente.

Bei der Formgebung des Bogens spielte für Daniel Bamert der Pilatus eine Rolle. Wer durch den Bogen hindurch Richtung Luzern blickt, erkennt, dass er die Silhouette des Berges sanft und gleichmässig einfasst – der Luzerner Hausberg wird faktisch von einem Regenbogen überspannt. Das ist auch der Grund, warum der Bogen bewusst nicht vollends gleichmässig läuft, sondern sich ganz leicht Richtung Kantonsstrasse neigt.

Es mag die Frage offen bleiben, warum der Künstler einen «symbolischen» Regenbogen mit nur vier der sieben Spektralfarben geschaffen hat. Er begründete es bei der Eröffnungsfeier am 21. Oktober 1995 mit einer zu komplizierten Umsetzbarkeit, hätte er alle Farben formell integrieren wollen. Er relativierte es mit seiner Ansicht, dass ein Kunstwerk nicht zwingend realitätsbezogen sein müsse – so bliebe Raum für Interpretation und individuelle Deutung. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.