«Es waren zwei Königskinder, die hatten ...»

Kunst & Baukultur

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Zum fünften Mal sind die Künstler Gisela Bitterli-Jochimsen und Werner Iten in die Lorze gestiegen. Für eine Kunst, die fliesst.

  • In der Lorze: Die Zuger Künstler Werner Iten und Gisela Bitterli-Jochimsen veranstalteten ihre fünfte Performance bei der Gewürzmühle Zug. (Bild Roger Zbinden)
    In der Lorze: Die Zuger Künstler Werner Iten und Gisela Bitterli-Jochimsen veranstalteten ihre fünfte Performance bei der Gewürzmühle Zug. (Bild Roger Zbinden)

Zug – Wenn alles fliesst, dann fliessen auch die Gedanken. Dank Gisela Bitterli-Jochimsen und Werner Iten, zwei Künstlern der Zuger Gewürzmühle, kommen seit einem halben Jahrzehnt Freunde der Performance auch in Zug auf ihre Kosten jeweils im Sommer, jeweils an der Lorze.

Das mutige Paar steigt Jahr für Jahr in den Fluss: 2015 ist ihm das Wetter hold. Es ist warm vergangenen Samstag: Die Sonne kommt, die Sonne geht. Rund 35 Zuschauer stehen auf der Brücke bei der Gewürzmühle und verfolgen die halbstündige Performance. Geredet wird nicht, weder bei denen auf der Brücke, noch bei denen im Fluss. Man hört die Lorze friedlich plätschern, einen kleinen Hund bellen, einen Zuschauer leise kichern.

Naheliegend und eindrücklich

Die zwei Künstler machen sich im Fluss zu schaffen, die Zeit steht still die Gedanken, sie fliessen. Fliessen die Lorze runter wie die Buchstaben, die Werner Iten mit einem Stock ins Wasser malt.

«Also, naheliegend» so haben die zwei Künstler ihre «Performance Fluss V» betitelt. «Wir nehmen ja auch stets naheliegende Dinge mit in den Fluss», lacht Werner Iten. «Und ich mache dieses Mal lauter naheliegende Sachen in der Lorze: Essen, Schreiben, Schlafen, Gymnastik.» Eins zu eins werden Gisela Bitterli-Jochimsen und Werner Iten ihrem Titel gerecht, als sie zu Beginn der Performance gemeinsam unter einem weissen Laken liegen, noch auf der Brücke. «Auf jeden Fall ein eindrückliches Bild», schmunzelt Gisela Bitterli-Jochimsen. Nach einem Weilchen kommen die beiden unter dem Laken hervor und steigen jeder für sich in den Fluss.

Werner malt mit dem Stock Buchstaben in die zierlichen Wellen, lässt Ulmensamen flussabwärts fliessen, isst eine Melone, streckt sich und legt sich flach ins Wasser. Gisela steht in der Lorze und drückt einen Schokohasen an ihre Brust man ahnt, was kommt. Doch es kommt nicht ganz so, wie die Künstlerin sich das gewünscht hätte: Die Schokolade schmilzt ihr nicht einfach so davon. «Ich wollte mal ein intensives Nichtstun pflegen», lacht Gisela Bitterli-Jochimsen, «das wäre schlicht schön gewesen.» Der Hase macht ihr einen Strich durch die Rechnung: Die Künstlerin knetet ihn sodann zu einer Kugel.

Zuletzt wird gesungen. Werner singt David Byrne: «I will be wrong, until I am next to you.» Beide zusammen singen: «Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, die konnten zusammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief.» Eine Volksballade, die Menschen seit vielen hundert Jahren im Ohr haben ähnlich wie das helle Tanzen von Wellen flussabwärts. (Susanne Holz)