Von Januarloch bis Jahresrückblick
Theater & Tanz
Der Zuger Comedian und Stimmenimitator Michael Elsener spielt im neuen Programm «Mediengeil» auf allen Kanälen. Sein Kurzschluss-Humor ist witzig, aber nicht immer bissig genug.
Zug – Der auf Illustriertenhochglanz polierte weisse Tisch in E-Form ist Michael Elseners Predigerkanzel und Moderatorenpult. Seine Oberfläche erinnert an vertraute Apfelästhetik, die Message («E» wie Elsener) an den Ich-Kult unserer Tage, und das ist erst mal stimmig. Denn der Zuger Comedian und Stimmenimitator möchte sich in seinem neuen Programm an den Medien aufgeilen, an ihren Machern und an ihren Konsumenten, die, wie Elsener sagt, unter «kollektivem Alzheimer» leiden und deshalb nicht merken würden, dass die Schlagzeilen vom Januar-WEF-Loch bis in den Jahresrückblicks-Dezember jedes Jahr dieselben sind.
Doch wie mit den Schlagzeilen aus der Ringier-Presse ist es auch mit Elseners Programmtitel: Wer viel verspricht, verliert oft. Bei Elsener sind die Medien, um im Medienjargon zu bleiben, lediglich der «Aufhänger» für ein Programm, das zwischen Medienkritik und Figurensketchen unentschlossen hin- und herzappt.
Elsener, der Moderator
Das ist schade. Denn mit dem Thema Medien hätte Elsener, der als SRF-Mitarbeiter das Mediengeschäft auch von innen kennt, mühelos einen Abend gefüllt. Der Prix-Walo-Preisträger 2012 beherrscht den Moderatoren-Groove hervorragend. Vielstimmig imitiert er die einstimmig sprechenden Radiosendungen der Nation, die Reality-Star Kim Kardashian für einen Tag für tot erklären, um dann herauszufinden, was das in den Hörern auslöst. Nämlich nichts.
Elsener beherrscht den ungezwungenen Plauderstil, wie ihn Radiomoderatoren draufhaben. Er flirtet mit dem Publikum, geht auf Wortmeldungen ein, setzt sich dem Risiko des Zufalls aus.
Elseners Humor bleibt dabei aber so harmlos wie sein Schweizer Touristenpaar, das statt mit dem Charter nach Malle mit dem Frachtflieger nach Libyen fliegt. Als es von Dschihadisten gekidnappt wird und sich über die dilettantischen Drehbedingungen des Terroristenfilmchens beschwert, in dem es die Hauptrolle spielen soll, ist man von Satire weit entfernt. Leer schlucken muss man einzig beim gelungenen Sketch über das Medienhaus Ringier. Elsener erzählt die typische C-Promi-Karriere einer Serviertochter nach, die mit ihrem Busen Flaschen öffnen kann, von einem Ringier-Medium zum nächsten gereicht wird, ohne es zu merken, und am Schluss auf einem Jobportal (ebenfalls Ringier!) eine neue Anstellung findet.
Oft und viel und kontrolliert
Schade, sind solche Ausflüge aufs humoristische Glatteis eher selten. Zwar trifft Elsener in seinen Politikerparodien (Johann Schneider-Ammann, Doris Leuthard, Ueli Maurer, Bastien Girod) die Stimmen seiner Vorbilder vortrefflich. Nicht aber deren Rhetorik, wie das ein Fabian Unteregger so wunderbar schafft. Das Publikum lacht oft und viel, aber kontrolliert. Es weiss, wann es den nächsten Lacher erwarten kann. Es fehlen die Witze, die sich über zwei oder drei Gedanken hinauswagen, bevor ihre Pointen so richtig auf den Lachmuskel drücken.
Das gilt auch für die Auftritte der sympathischen Figuren, mit denen Elsener seine Medienschelte unterbricht. Viele davon kennt man bereits. Etwa den grossartigen Balkan-Secondo Bostic Besic, mit dem Elsener im Sommer ein Musikvideo («Din Jugo») gedreht hat. Manchmal schlüpft Elsener einfach zu schnell in die Ärmel seiner Figuren. Hebt zum Sprechen an, wenn die Verwandlung noch gar nicht passiert ist. Da wäre noch viel Potenzial. (Julia Stephan)
HinweisMichael Elsener: «Mediengeil». Auftritte in der Region: Kleintheater Luzern: 13./14.11., Kantonsschule Kollegium, Schwyz: 14.1.2016, Küssnacht, Theater Duo Fischbach: 22.1.2016.