Unterägeris Weg zum Orgel-«Hotspot»

Brauchtum & Geschichte

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Die Orgelgeschichte der Pfarrkirche Unterägeri ist wechselvoll: Vier Instrumente in 130 Jahren – vom Provisorium bis zur heutigen Mathis-Orgel, die Kulturleben und Gottesdienst prägt.

  • Die Orgel in der Pfarrkirche Heilige Familie Unterägeri – die vierte seit Einweihung der Kirche. Bild: Matthias Jurt (Unterägeri, 25. 9. 2025)
    Die Orgel in der Pfarrkirche Heilige Familie Unterägeri – die vierte seit Einweihung der Kirche. Bild: Matthias Jurt (Unterägeri, 25. 9. 2025)

Unterägeri – «Die Königin der Instrumente» als Synonym für die Kirchenorgel mag pathetisch wirken, abgedroschen vielleicht. Und doch ist er alles andere als abwegig. Die Kirchenorgel spielt nicht nur eine Rolle in Begleitung von Chor und Gemeinde im Gottesdienst, sie ist das Konzertinstrument schlechthin in der Musikgeschichte, verbindet seit Jahrhunderten liturgische Funktion, technische Meisterschaft und künstlerischen Ausdruck und prägt das religiöse wie kulturelle Leben.

Dass eine Kirchenorgel auf den Raum abgestimmt ist, den sie mit Musik füllen soll, ist elementar. Und das ist eine Kunst für sich. Die Orgel in der Pfarrkirche Unterägeri gilt diesbezüglich als besonders gelungen, weshalb der Raum gerne konzertant – kirchlich wie weltlicher Art – bespielt wird. Während in zahlreichen Gotteshäusern bis heute historische Instrumente stehen, ist die Hauptorgel in Unterägeri ein modernes Modell. Es ist bereits das vierte in der vergleichsweise jungen Geschichte der 1860 geweihten Pfarrkirche zur Heiligen Familie, deren Baukosten anno dazumal höher ausgefallen waren als erwartet.

Für eine Orgel war kein Geld mehr übrig, wie der Zuger Historiker Urspeter Schelbert in seiner Gedenkschrift zum 150-jährigen Jubiläum der Pfarrkirche schreibt. Man behalf sich demnach mit einer Übernahme der damals 80-jährigen Orgel aus der alten Marienkirche, ein Instrument von Karl Josef Maria Bossard aus Baar. Sie wurde auf der Empore platziert, aufgearbeitet und an die nun grösseren Raumverhältnisse so gut wie möglich angepasst. Rund 40 Jahre verrichtete die alte Orgel ihre Dienste in der neuen Kirche.

Als kurz vor der Jahrhundertwende die erste grosse Kirchenrenovation anfiel, nutzte man die Gelegenheit für den Ersatz der allmählich altersschwach gewordenen Orgel.

Kostenintensiver Unterhalt

Mittels einer Lotterie konnte das nötige Geld beschafft werden, um die Luzerner Orgelbaufirma Goll mit dem Bau eines «würdigen» Instrumentes zu beauftragen. Im Zuge dessen passte man auch gleich das Orgelgehäuse der Kirchenarchitektur an: Es erhielt ein neugotisches Gewand.

Es vergingen kaum 35 Jahre, bis eine aufwendige Revision der neuen Orgel nötig wurde. Im Zuge dessen erhielt sie zwei zusätzliche Register, in der Praxis jedoch erwies sich die Goll-Orgel grundsätzlich als schwerfällig und herausfordernd für den Organisten. Zudem verschlang ihre Instandhaltung unerwartet grosse Summen. So beschloss man angesichts der zweiten grossen Kirchenrenovierung ab 1960 abermals, das Instrument zu ersetzen – jetzt mit einem elektrisch betriebenen Modell.

Den Auftrag erhielt die Luzerner Orgelbaufirma Cäcilia AG A. Frey. Diese sah sich jedoch mit mehrmals angepassten Planungsdetails und geänderten denkmalpflegerischen Herausforderungen konfrontiert. Das Orgelgehäuse musste komplett erneuert werden, weil die drei Fenster an der Rückwand frei sichtbar sein sollten. Vom Zeitpunkt des Auftrages bis zur endgültigen Orgelweihe vergingen geschlagene sechs Jahre. Doch auch die dritte «Orgel-Ära» in der Unterägerer Pfarrkirche schien nicht unter einem guten Stern zu stehen: Pannen und Störungen legten das Instrument immer wieder lahm – wie schon bei den vorigen Modellen ein empfindlicher Kostenpunkt.

Kaum 30 Jahre später wieder der Beschluss: Es braucht eine neue Orgel. 1994 stimmten die Unterägerer Katholiken einer Anschaffung zu und bewilligten einen siebenstelligen Betrag. Begünstigte Firma war diesmal Mathis Orgelbau in Näfels (seit 2019 in Luchsingen).

Qualität hat ihren Preis

Die Pfarrei liess die Bevölkerung teilhaben an der Entstehung der vierten Orgel für die Unterägerer Pfarrkirche und organisierte im Dezember 1995 gar einen
Besuch vor Ort in Näfels, um nachvollziehbar aufzuzeigen, dass ein taugliches, sorgfältig von Hand gefertigtes Instrument mit längerer Lebensdauer als die bisherigen Modelle den hohen Preis rechtfertigt.

Ab Januar 1996 erfolgte der Einbau des fertiggestellten Instrumentes, wobei das Gehäuse der vorigen Orgel im kantigen 60er-Jahre-Stil entfernt und nun wieder mit einem an die Neugotik anlehnenden Kleid versehen wurde. Am Sonntag, 23. Juni 1996, erklang die neue Orgel erstmals im Rahmen eines grossen Kollaudationskonzerts mit dem einheimischen Musiker Carl Rütti am Spieltisch.

Die Orgelgeschichte der Pfarrkirche Unterägeri hat damit ihr aktuellstes Kapitel geschrieben. Die Mathis-Orgel mit ihren drei Manualen und 39 Registern erweist sich bisher als hervorragende Wahl und Investition, die sich gelohnt hat. Diese «Königin der Instrumente» aus dem Glarnerland wird seit ihrem Einbau regelmässig für Konzerte eingesetzt und ist für ihre Spielqualität bei Organistinnen und Organisten bis weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt und geschätzt. (Text von Andreas Faessler)