Uralte Schriften geben Einblick in Zugs ferne Vergangenheit
Brauchtum & Geschichte
Ende Oktober werden Protokolle aus der frühen Neuzeit der Stadt der Öffentlichkeit digital zugänglich gemacht.
Zug – Sie sind ein Fenster in die Vergangenheit: 17500 Seiten handschriftliche Bände, Hefte und Einzelblätter aus Zuger Rats- und Gemeindeprotokollen, die in die Zeit zwischen 1471 und 1798 zurückdatiert sind. Diese uralten Schriften werden der Zuger Bevölkerung nach 30Jahren aufwendiger Aufarbeitung nun digital zugänglich gemacht. Das Suchportal wird unter zuger-gschicht.ch abrufbar sein, wie einer Mitteilung der Bürgergemeinde Zug zu entnehmen ist.
Die Protokolle lagen jahrhundertelang im Archiv derselben, bis sich der ehemalige Staatsarchivar Peter Hoppe ihnen 1989 annahm. Die Schriften geben «detaillierte Einblicke in das lokale Geschehen von damals, mit exaktem Datum, mit entsprechenden Ortsangaben und mit Nennung der beteiligten Personen», schreibt die Bürgergemeinde. Mit der neuen Internetplattform möchte sie einen «Beitrag zur Förderung der Heimatverbundenheit und zur künftigen zugerischen Geschichtsforschung leisten».
Untertanengebiete und politische Streitigkeiten
Vor 1798 kannte die katholische, staatskirchlich geprägte Stadt Zug noch keine Einwohner-, Bürger-, Kirch- oder Korporationsgemeinden. Ebenso gab es noch keine Gewaltentrennung, wie wir sie heute kennen. «Dementsprechend liefern die alten Ratsprotokolle Ausschnitte aus all diesen Kompetenz-, Sach- und Lebensbereichen und spiegeln damit ein breites Spektrum des damaligen Lebens und Alltags in der Stadt Zug wider», schreibt die Bürgergemeinde Zug. Und nicht nur das. Die Stadt besass in Walchwil, Steinhausen, Cham, Hünenberg, Risch und im aargauischen Oberrüti Untertanengebiete, deren Einwohnern keine Mitsprache in der Gemeinde gewährt wurde. Ebenso besass die Stadt als Wirtschaftszentrum der Region ein ausgebautes Marktwesen, kontrollierte die wichtigen Verkehrsrouten und erhob eigene Zölle.
Die politische Macht des damaligen Standes Zug war verteilt auf die Stadt Zug und die drei freien Landgemeinden Ägeri, Menzingen und Baar, die zusammen das Äussere Amt bildeten. Das führte immer wieder zu Spannungen und Streitigkeiten. «Auch diese Aspekte zeigen sich in den Ratsprotokollen und unterstreichen die eminente Bedeutung dieser Quelle für die Stadtgeschichte der Frühen Neuzeit und für die Geschichte des ganzen Standes Zug.»
Einweihung mit Livelesung
Beim Aufarbeiten besonders herausfordernd waren das Entziffern, Verstehen, Übersetzen und Interpretieren der handschriftlichen Protokolleinträge. Zu jener Zeit folgte die Sprache noch keiner definierten Rechtschreibung. Viktor Ruckstuhl und Peter Hoppe haben die rund 82000 Protokolleinträge zusammengefasst und in heutige Sprache übersetzt. Nun sollen die Protokolleinträge an der Einweihung von zuger-gschicht.ch zum Leben erweckt werden. Am Freitag, 29. Oktober, wird das neue Internetportal freigeschaltet, zeitgleich findet im Casino Zug eine Livelesung, inszeniert vom Schauspieler Walter Sigi Arnold und der Schauspielerin Irina Schönen, statt, mit musikalischer Begleitung des Zuger Musikers Christian Wallner.
Es werden ausgewählte Protokolleinträge in vier verschiedenen Themenkreisen vorgetragen. Einleitend wird Peter Hoppe die Projektidee vorstellen, gefolgt von Reden des Regierungsrats Stephan Schleiss, des Stadtpräsidenten Karl Kobelt und des Korporationspräsidenten Urban Keiser. (Linda Leuenberger)
HinweisDie kostenlosen Eintrittskarten können über zuger-gschicht.ch oder beim Casino Zug bezogen werden. Die Plätze sind beschränkt, es gilt Zertifikatspflicht.