Satz&Pfeffer-Lesebühne sitzt auf Schulden

Literatur & Gesellschaft

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Der Zuger Regierungsrat hat ein Gesuch über 97000 Franken von der Satz&Pfeffer-Lesebühne im Oswalds Eleven abgelehnt.

  • Sind erschüttert, von links: Regula Fehr Braun (Präsidentin Verein Liveliteratur), Judith Stadlin (Vizeprä­sidentin Liveliteratur) und Michael von Orsouw vom Vorstand. (Bild Matthias Jurt)
    Sind erschüttert, von links: Regula Fehr Braun (Präsidentin Verein Liveliteratur), Judith Stadlin (Vizeprä­sidentin Liveliteratur) und Michael von Orsouw vom Vorstand. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Den Kulturinteressierten der Zuger Bevölkerung mag es aufgefallen sein: Bereits den ganzen August durch und bis auf weiteres finden auf der Satz&Pfeffer-Lesebühne im Oswalds Eleven in der Zuger Altstadt keine öffentlichen Vorstellungen statt.

«Wenn wir das Geld nicht auftreiben können, dann müssen wir wohl die Lesebühnenveranstaltungen streichen und versuchen, den Raum für Privatvorstellungen zu vermieten», sagt Judith Stadlin, Vizepräsidentin und Aktuarin des Vereins Liveliteratur, der die Lesebühne betreibt. Zurzeit könne nichts geplant werden. «Es sieht schlecht aus für uns, für das Publikum, für die Zuger Kultur», fährt die Schriftstellerin, Schauspielerin und Kabarettistin fort. Doch was ist genau geschehen?

Pandemiebedingte Anpassungen

Die Lesebühne von Satz&Pfeffer wurde umgebaut und den heutigen Verhältnissen angepasst. «Denn nach den Erfahrungen mit der Coronapandemie können Kultur- und Veranstaltungsräume nicht weiterhin so dicht befüllt werden wie vor der Pandemie», so Stadlin.

Das Amt für Kultur des Kantons Zug, die Geschäftsstelle der Kulturkommission, habe die Zuständigen der Lesebühne während der Arbeiten darauf hingewiesen, dass für solche pandemiebedingten Anpassungen Geld aus der Bundes- und der Lotteriefondskasse vorgesehen wäre und der Verein das Recht habe, eine finanzielle Unterstützung zu beantragen.

Krisengespräch mit Regierungsrat Pfister

«Wir gaben bei der Kulturabteilung des Kantons Zug ein Gesuch für einen Teil der Umbaukosten, konkret für 97 000 Franken, ein. Die Kulturkommission bejahte den Antrag», so Stadlin. Nach der Zusage habe der Verein Liveliteratur grünes Licht für den weiteren Umbau gegeben, damit spätestens im Mai wieder mit den Vorstellungen hätte gestartet werden können. «Monatelang warteten wir auf den positiven Bescheid, doch das Gesuch wurde vom Zuger Regierungsrat schlussendlich abgelehnt. Darüber sind wir erschüttert und sitzen nun auf einem Schuldenberg», sagt Stadlin. Der Entscheid sei für sie unverständlich.

«In einem Krisengespräch, das der Zuger Landammann Martin Pfister nach der Absage netterweise mit uns und der Präsidentin des Vereins Liveliteratur führte, erfuhren wir, dass unser Umbau von den Regierungsräten nicht als Trans­formationsprojekt anerkannt worden sei», führt Stadlin aus. Offensichtlich hätten die Regierungsräte, die das Schlusswort bei solchen Gesuchen sprechen, eine vollkommen andere Vorstellung von einem «Transformationsprojekt» als das Amt für Kultur, die Kulturkommission und die Lesebühne.

Absage raubt Motivation und Willen

Die Verwirrung der Lese­bühneverantwortlichen ist nicht ganz unbegründet, denn der Verordnungstext dazu lautet: «Transformationsprojekte für Kulturunternehmen» sind Finanzhilfen für Projekte, die «die Anpassung von Kulturunternehmen an die durch die Covid-19-Epidemie veränderten Verhältnisse bezwecken».

«Wir sind nicht nur ein Veranstaltungsort, sondern eine Kulturproduktionsstätte. Wir schaffen immer wieder neue litera­rische Bühnenproduktionen. Deshalb raubt uns diese Absage auch die künstlerische Motivation und den Willen, in Zug kulturell tätig zu bleiben», sagt Judith Stadlin. Auch ihr Publikum sei enttäuscht vom Zuger Regierungsrat und könne den Entscheid nicht nachvollziehen.

Schriftstellerkolleginnen und -kollegen aus der ganzen Schweiz und Deutschland seien schockiert über die mögliche Schliessung. «Ihnen allen ist unsere Lesebühne ein Begriff, sie sind im Austausch mit uns, und die Satz&Pfeffer-Lesebühne liegt ihnen am Herzen», so Stadlin weiter. In Berlin seien gewisse Lesebühnen während der Pandemie sogar vom Kulturministerium gefördert worden, damit sie nicht untergingen.

«Das kann und darf doch fast nicht wahr sein? Müsste Zug nicht froh sein, dass es euch gibt und jemand die Kulturfahne hochhält?», würde laut Stadlin etwa der Berner Autor und Kabarettist Bänz Friedli auf die Nachricht der Lesebühne hin an den Verein Liveliteratur schreiben. Und Simon Chen, der Zürcher Kabarettist und Slam-Poet, schreibe dem Verein: «Wie jetzt was? Die Lesebühne muss sterben? Das wäre ja Sünde und schade.»

Es sei noch ein Gespräch mit den Kulturabteilungen des Kantons und der Stadt geplant. «Der Entscheid des Regierungsrates ist gefallen und lässt sich nicht rückgängig machen», sagt Stadlin dazu. «Bei der Beratung der Gesuchstellenden durch das Amt für Kultur wurde der Verein darauf hingewiesen, dass die Beratung den Entscheid des Regierungsrats nicht vorwegnimmt. Der Verein wusste, dass für so grosse Beträge der Re­gierungsrat zuständig ist», antwortet Regierungsrat Stephan Schleiss, der für die Kulturanliegen im Kanton Zug verantwortlich ist, auf Anfrage.

Keine Auskunft zu abgelehnten Gesuchen

Das Amt für Kultur weise die Gesuchstellenden jeweils darauf hin, dass die Anträge der Kulturkommission für den Regierungsrat nicht bindend seien. «Es besteht kein Anspruch auf eine Unterstützung von Transformationsprojekten», so Schleiss weiter. Es gäbe im Kanton Zug durchaus enge Räumlichkeiten, die nach der Pandemie nicht umgebaut wurden, wie beispielsweise der Burgbachkeller. Schleiss weiter: «Zu abgelehnten Gesuchen und seinen Beweggründen kommuniziert der Regierungsrat nicht.»

Seit 2013 unterstütze der Kanton die Lesebühne mit einem Jahresbeitrag in der Höhe von 10 000 Franken. «Die Satz&Pfeffer-Lesebühne kann auch künftig solche Gesuche stellen. In der Vergangenheit hat die Lesebühne verschiedentlich Kantonsbeiträge er­halten», gibt der Bildungsdirektor Auskunft.

Im Detail wären dies etwa zusätzlich zum Jahresbeitrag 15 000 Franken für das Zehn-Jahre-Jubiläum der Lesebühne im Jahr 2017, 4000 Franken für die Aufführungen von «Alle echte Orth» im Jahr 2018 oder 9051 Franken für die Entwicklung der Cosososo-Shows im Jahr 2021. Ebenfalls sei die Salz&Pfeffer-Lesebühne auch bei den Ausfallentschädigungen aufgrund der Coronapandemie berücksichtigt worden. «Eine Streichung der Aufführungen auf der Lesebühne würde der Regierungsrat sehr bedauern», so Schleiss abschliessend. (Text von Tijana Nikolic)