Zugs kleines «Windwunder»

Kunst & Baukultur

,

Eine luftige, bewegliche Eisenplastik in der Zuger Altstadt entfaltet ihre Wirkung durch natürliche Kräfte.

  • Das «Windwunder» von Yvan «Lozzi» Pestalozzi steht in einem Privatgarten unterhalb des ehemaligen Kapuzinerklosters. (Bild Matthias Jurt)
    Das «Windwunder» von Yvan «Lozzi» Pestalozzi steht in einem Privatgarten unterhalb des ehemaligen Kapuzinerklosters. (Bild Matthias Jurt)

Zug – An der Ägeristrasse direkt gegenüber der Einmündung der Dorfstrasse liegt einer der grössten Privatgärten innerhalb der Zuger Altstadt, umfriedet von einer historischen Mauer mit Eckpavillon. Mitten aus dieser gepflegten Grünfläche erhebt sich eine filigrane moderne Skulptur fast fünf Meter hoch gegen den Himmel, die im Kontrast zur umliegenden historischen Verbauung steht. Das auf einer schlanken Eisenstange montierte, mehrfarbig lackierte Kunstwerk mit dem Namen «Windwunder» stammt vom Glarner Künstler Yvan Pestalozzi und ist 1997 entstanden.

Am Ende der Basisstange sind bewegliche Elemente aus dünnen Stäben montiert. Das eine hat die Funktion einer Wetterfahne, das andere ist Träger eines Windrades mit dreieckigen Blättern aus Aluminiumblech. Je nach Windrichtung und -stärke nehmen die beweglichen, feuerverzinkten Elemente laufend eine neue Position ein und stehen in ganz unterschiedlichen Winkeln zueinander. Somit verändert sich die Eisenplastik ständig, sofern es nicht gänzlich windstill ist.

Pestalozzis Windspiele sind so konzipiert, dass sie einerseits selbst der stärksten Windböe standhalten und sich andererseits bereits beim sanftesten Luftzug bewegen – dies komplett lautlos, dank massiver, geschlossener Kugellager.

Windplastiken sind eine von Pestalozzis Hauptwerkgruppen – besser bekannt als «Lozzi». Mit ihrem Farben- und Formenspiel sollen sie, so sagt der Künstler selbst, den Betrachtenden Freude bereiten.

Vom detaillierten Entwurf zur fertigen Plastik

Beim Exemplar in Zug handelt es sich um eine vergleichsweise einfache Konstruktion. Manche Windspiele Pestalozzis im öffentlichen Raum sind weit grösser, vielschichtiger und somit komplizierter. Damit jedes Windplastik reibungslos funktioniert, fertigt Pestalozzi zunächst einen detaillierten Entwurf an, erstellt Zeichnungen, Skizzen und Materiallisten. In einem nächsten Schritt werden sämtliche Teile in der Werkstatt mit Unterstützung von Fachleuten angefertigt und unter freiem Himmel zusammengesetzt für einen Probelauf im «Rohbau». Anschliessend wird das Kunstwerk wieder zurück in seine Einzelteile zerlegt und diese gegen Rost behandelt, ehe sie noch ihre Farb­gebung erhalten. Nach einer Vormontage in der Werkstatt werden die fertigen Einzelelemente an ihren Bestimmungsort transportiert für die Endmontage. Bei grösseren Lozzi-Windplastiken kommt dafür schon mal ein Helikopter zum Einsatz. Einige seiner Kunstwerke erinnern an die charakteristischen kinetischen Schöpfungen Jean Tinguelys.

Mit positiver Kraft gegen das Böse

Der 1937 in Glarus geborene und aufgewachsene Künstler hat ursprünglich eine Möbelschreinerlehre absolviert, sich danach als Autodidakt weitergebildet und ist so zu seiner Kunst gelangt, welche er seit 1964 freiberuflich praktiziert. Pestalozzi ist mit seinen verspielten Eisenplastiken im In- und Ausland vertreten. Sie sind grundsätzlich positiv konnotiert und strahlen etwas Lebensbejahendes aus.

Damit will der Künstler nach eigener Aussage dem verbreiteten «Bösen» in der Gesellschaft mit Humor und positiver Kraft begegnen. Die Verspieltheit in seiner Kunst setzt bewusst einen Gegenakzent zu den «Widerwärtigkeiten in dieser Welt». (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fund­stücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.